# taz.de -- Mobilität: Eine Frage der Parameter
       
       > Es ist vollbracht: Rot-Grün realisiert sein Versprechen aus dem
       > Koalitionsvertrag und führt ein Sozialticket ein. Gestern wurde das
       > Abkommen endlich unterzeichnet.
       
 (IMG) Bild: Endlich amtlich: Verkehrs-Staatsrat Wolfgang Golasowski unterschreibt.
       
       Zweieinhalb Jahre nach der Ankündigung hat Rot-Grün nun die Einführung
       eines Sozialtickets - unter dem Label "StadtTicket" - zuwege gebracht.
       Gestern unterzeichneten Vertreter des Sozial- und Verkehrsressorts sowie
       der BSAG einen entsprechenden Vertrag. Die Tickets kosten 29,25 Euro für
       Erwachsene, stellen gegenüber dem normalen Monatskartenpreis von rund 45
       Euro also eine Ermäßigung um ein Drittel dar. Kinder und Jugendliche zahlen
       mit 25,40 Euro nur unwesentlich weniger. Insgesamt kalkuliert die Stadt mit
       einem jährlichen Zuschuss-Bedarf von 1,7 Millionen Euro.
       
       Bei der Berechnung habe man sich sowohl an den Erfahrungen anderer Städte
       als auch am Bremer Jobticket orientiert, sagt Sozialstaatsrat Joachim
       Schuster (SPD). Und der Parameter Mobilitätssatz nach Hartz IV - 14,26
       Euro? Diesen vergleichend zu Grunde zu legen sei ein "Denkfehler", sagt
       Schuster. Der Hartz IV-Satz sei trotz seiner diversen Pauschalen "nicht wie
       bei einem Warenkorb" berechnet - jeder könne und solle "sich selbst
       aussuchen, wofür er sein Geld ausgibt".
       
       Die Annahme, dass Hartz IV-EmpfängerInnen durchaus über finanzielle
       Entscheidungsspielräume verfügen, sieht auch Verkehrs-Staatsrat Wolfgang
       Golasowski (parteilos) durch eine Untersuchung der BSAG gedeckt. Die habe
       repräsentativ 1.500 Hartz IV-BezieherInnen befragt und dabei ein "sehr
       überraschendes Ergebnis" ermittelt: 80 Prozent der
       Transferleistungs-EmpfängerInnen seien bereits regelmäßige
       BSAG-NutzerInnen. Durchschnittlich gäben sie dabei sogar 30 Euro monatlich
       aus, vielfach in Gestalt zahlreicher Einzelfahrscheine. Golasowski:
       "Anfangs dachten wir, wie müssten Menschen zu Mobilität verhelfen." Jetzt
       wisse man jedoch , dass die Gewinnung von NeukundInnen gar nicht das Thema
       sei.
       
       73.000 BremerInnen beziehen Tansferleistungen, dazu kommen etwa 9.000
       weitere "StadtTicket"-Berechtigte, zum Beispiel AsylbewerberInnen.
       Allerdings rechnet die BSAG nach eigenen Angaben lediglich mit rund 18.300
       künftigen "StadtTicket"-KäuferInnen pro Jahr. Für die, sagt Schuster, sei
       das neue Ticket "eine reale Verbesserung".
       
       Der Weg dorthin läuft über ein mehrschrittiges Verfahren: Nach dem Abholen
       einer "Grünen Karte" in den Geschäftsstellen der BSAG oder in den
       Sozialzentren, was bereits möglich ist, müssen sich die Antragsberechtigten
       eine Kundenkarte in einem der fünf BSAG-Servicepoints ausstellen lassen,
       woraufhin sie ab dem 15. Dezember das "StadtTicket" tatsächlich erwerben
       können. Dieses ist nicht übertragbar, nach 19 Uhr und am Wochenende können
       jedoch ein weiterer Erwachsener und vier Kinder bis 14 Jahren kostenlos
       mitfahren.
       
       Dass ein eigenes Ticket für Kinder - die ab 19 Uhr eigentlich nicht mehr
       allzulang Straßenbahn fahren sollten - ähnlich teuer wie ein
       Erwachsenen-Ticket ist, erklärt Schuster mit der Orientierung des
       "StadtTickets" am Jobtticket, die bereits im Koalitionsvertrag bewusst so
       vorgenommen worden sei. Die Orientierung an den Hartz IV-Sätzen, die für
       Kinder und Jugendliche einen deutlich niedrigeren Bedarf als für Erwachsene
       annehmen, hätte in der Tat ein anderes Ergebnis haben müssen.
       
       2 Dec 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Henning Bleyl
       
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