# taz.de -- Kommentar Arbeitnehmerdaten: Unter Beobachtung von ELENA
       
       > Wer sich gläsern fühlt, gewinnt nicht an Selbstvertrauen. Ein Glück, dass
       > immerhin die zentrale Erfassung von Streiktagen wohl wieder aus dem
       > Elena-Katalog gestrichen wird.
       
       Noch nie seit Beginn der Statistik im Jahr 1970 hätten sich Arbeitnehmer so
       selten krankgemeldet wie heute: Diese Nachricht gesellte sich im Sommer zu
       den vielen wirtschaftlichen Rekordmeldungen des Jahres 2009.
       
       Wer entgegen diesem Trend sein Recht auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
       geltend macht, geht ab 2010 in eine zentrale Datenbank ein: Sensible Daten
       aller 40 Millionen abhängig Beschäftigten werden dann bei der Deutschen
       Rentenversicherung gespeichert - darunter auch einige, die mit einem
       "elektronischen Entgeltnachweis" (Elena), wie das Verfahren heißt,
       allenfalls lose in Zusammenhang stehen. Braucht der Staat Angaben zu
       Krankheitstagen, Abmahnungen oder Kündigungsgründen, um einen
       Rentenbescheid zu erstellen oder Steuern zu berechnen?
       
       Die Speicherung vieler dieser Daten ist zunächst ebenso folgen- wie
       anlasslos. Dabei bedarf es nur kleiner Gesetzesänderungen, um diese
       "Datenschätze" früher oder später zu heben – was nichts Gutes verheißt.
       
       Ein anderer Effekt tritt schon früher ein: Der psychische Druck auf
       Arbeitnehmer steigt auch dort, wo diese "nichts zu verbergen" haben. Sich
       allein die Frage zu stellen: "Habe ich etwas zu verbergen?" bewirkt, dass
       sich Menschen mit den Augen des potenziellen Beobachters betrachten. Wie
       könnte es auf einen späteren Arbeitgeber wirken, wenn ich mich entscheide,
       die mir zustehenden drei Jahre Elternzeit voll auszunutzen? Wer sich
       gläsern fühlt, gewinnt nicht an Selbstvertrauen. Ein Glück, dass immerhin
       die zentrale Erfassung von Streiktagen wohl wieder aus dem Elena-Katalog
       gestrichen wird.
       
       Das Thema ist, leider auch an Journalisten, eher unauffällig
       vorbeigegangen. Die Einführung einer neuen Datenbank, die weder die freie
       Entfaltung der Surfer-Persönlichkeit noch die Unantastbarkeit des Downloads
       tangiert, ließ bei der jungen "Bürgerrechtsbewegung 2.0" nicht eben die
       Drähte heiß laufen. Sie wird im kommenden Jahr dennoch mit großer
       Wahrscheinlichkeit das Bundesverfassungsgericht beschäftigen.
       
       Vielleicht unter einer ähnlichen Fragestellung, wie sie derzeit in Bezug
       auf die Vorratsdatenspeicherung verhandelt wird: Wie viel "präventive"
       Speicherung muss man hinnehmen, um den Behörden effizienteres Arbeiten zu
       ermöglichen? Der Krankenstand-Rekord von 2009 könnte bis dahin schon wieder
       geknackt sein.
       
       27 Dec 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ron Steinke
       
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