# taz.de -- Demo gegen Gaza-Blockade: Ägypten stoppt Solidaritätszug
> Ägyptische Behörden hindern rund 1.400 internationale Aktivisten daran,
> nach Gaza zu gelangen. Dort wollten diese für eine Ende der Blockade
> demonstrieren.
(IMG) Bild: Aktivisten werden von ägyptischen Polizisten vom Demonstrieren abgehalten.
KAIRO taz | Den Ägyptern, die in der Nacht die Muradstraße im Auto
entlangrasen, bietet sich ein ungewöhnliches Bild. Vor dem maurischen
Palast, in dem die französische Botschaft residiert, schwingen 300
Aktivisten der Bewegung Euro-Palestine palästinensische und französische
Fahnen. "Freiheit für Palästina" skandieren sie. Auf einer meterlangen
Banderole steht weithin sichtbar. "Beendet die Blockade von Gaza." Hinter
Polizeisperren sind Zelte aufgestellt und Schlafsäcke ausgebreitet. Kleine
Gruppen singen, begleitet von Gitarre und Akkordeon, Solidaritätslieder.
Kairo war eigentlich nicht ihr Ziel. Sie wollten in den Gazastreifen, aber
die Busse, die sie am Sonntagabend abholen sollten, kamen nicht. 1.400
Menschen aus mehr als 40 Ländern sind in Kairo eingetroffen. Sie alle
wollten am 27. Dezember, dem ersten Jahrestag des israelischen Feldzugs, am
Gaza Freedom March teilnehmen, zu dem die amerikanisch-feministische
Friedensorganisation Code Pink aufgerufen hatte, um gegen die Blockade zu
demonstrieren. Viele haben Hilfsgüter mitgebracht: Medikamente,
Winterkleidung und Materialien für Schulen und Kindergärten.
Seit Monaten hatte Code Pink mit den ägyptischen Behörden über die
Modalitäten des Transits durch Ägypten zum Grenzübergang Rafah verhandelt.
Am 20. Dezember hieß es dann definitiv, ein Grenzübertritt sei nicht
möglich, da es Spannungen an der Grenze gäbe. Obwohl am Sonntag die Grenze
für drei Tage geöffnet wurde, blieb das Verbot für die Friedensaktivisten
bestehen. Busunternehmern wurde mitgeteilt, sie dürften Ausländer nur mit
ausdrücklicher Zustimmung des Innenministeriums in Richtung Rafah
transportieren - also gar nicht.
Einzelne Teilnehmer des Friedensmarsches, die versuchten, sich nach
al-Arisch, das etwa 50 Kilometer vor der Grenze zu Gaza liegt,
durchzuschlagen, wurden an Checkpoints vorübergehend festgenommen. Eine
Gruppe von Spaniern, der es gelang, nach al-Arisch durchzukommen, wurde
unter Hausarrest gestellt. In Kairo wurde das erste Koordinierungstreffen
der Teilnehmer, das in einer Kirche stattfinden sollte, verboten.
Teilnehmer, die von Feluken, den traditionellen Segelbooten, 1.400 Kerzen -
im Gedenken an die Toten des Gazakrieges - auf dem Nil aussetzen wollten,
stellten fest, dass die Bootsanleger von der Polizei abgeriegelt waren.
Über mögliche Motive der Ägypter kann man höchstens spekulieren. Einige der
beteiligten Organisationen seien mit Hamas und den Muslimbrüdern verbunden,
heißt es in der Ahram Weekly. Außenminister Abul Gheit erklärt, die Ägypter
hätten seit mehr als 50 Jahren alles für den Sieg des palästinensischen
Volkes unternommen, bevor all diese Leute - gemeint sind die
Friedensaktivisten - überhaupt geboren seien.
Zum Teil mag das ägyptische Verhalten vorauseilendem Gehorsam gegenüber
Europäern, Amerikanern und Israelis geschuldet sein. Israel hat sich durch
die Grenzvereinbarungen das Recht vorbehalten, mitzuentscheiden, wer die
ägyptisch-palästinensische Grenze in Rafah passiert. Und vor dem Besuch von
Israels Premier Benjamin Netanjahu am Dienstag wollte Ägypten das
angespannte Verhältnis zu Israel nicht weiter belasten. Auch wollte man
nicht selbst in die Schusslinie der Demonstranten geraten. Ägypten ist
dabei, eine tief in den Boden eingelassene Stahlmauer an der Grenze zu Gaza
zu errichten, um den Schmuggel durch die Tunnel zu unterbinden.
Trotz der Schikanen wollen die Teilnehmer sich ihr Recht auf Solidarität
mit den Menschen in Gaza nicht nehmen lassen. Die 85-jährige
Holocaustüberlebende Hedy Epstein, die aus Kalifornien angereist ist, hat
angekündigt, sie werde in einen Hungerstreik treten, bis die ägyptischen
Behörden den Teilnehmern des Freedom Marches die Einreise nach Gaza
erlauben. Eine Delegation von Frauen will heute die Präsidentengattin
Suzanne Mubarak aufsuchen und sie als Vorsitzende des ägyptischen Roten
Halbmondes um die Unterstützung der humanitären Mission ersuchen. Und die
Franzosen in der Muradstraße wollen ihr Camp erst verlassen, wenn sie nach
Gaza fahren dürfen. Schließlich seien sie nicht gekommen, um Urlaub zu
machen.
28 Dec 2009
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