# taz.de -- Wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt: Erzsünde eines Erzbischofs
       
       > Haft für ehemaligen Erzbischof in Argentinien wegen Missbrauchs an
       > Seminaristen. Der Papst drängte ihn einst zum Rücktritt, aber bis heute
       > hält der 73-Jährige an seiner Unschuld fest.
       
 (IMG) Bild: Bevor sich Alf Spröde an frühere sexualisierte Gewalt erinnerte, arbeitete er gerne als Priester
       
       In Argentinien ist der ehemalige katholische Erzbischof Edgardo Gabriel
       Storni zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden. Ein Gericht in der
       nordöstlichen Provinz Santa Fe befand den katholischen Geistlichen des
       schweren sexuellen Missbrauchs des Seminaristen Rubén Descalzo im Jahr 1992
       für schuldig.
       
       Storni war von 1984 bis 2002 Bischof der Provinz Santa Fe und hatte "seine
       Stellung und Autorität" für die Tat ausgenutzt, zudem "handelte er in
       totaler Straflosigkeit," so die Richterin María Amalia Mascheroni in der
       Urteilsbegründung. Der erzkonservative Bischof galt damals als
       drittmächtigster Würdenträger der argentinischen Katholiken.
       
       Bereits 1994 hatte eine vom Vatikan angeordnete Untersuchung gegen Edgardo
       Storni wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs stattgefunden. Papst
       Johannes Paul II. hatte ihn jedoch in seinem Amt bestätigt. Im Jahr 2002
       war Storni von dem Seminaristen Rubén Descalzo bei einer richterlichen
       Anhörung erneut beschuldigt worden. Als die daraus folgende Anzeige gegen
       Storni öffentlich bekannt wurde, trat er im Oktober 2002 auf Anweisung des
       Vatikans von seinem Amt zurück. In einem Brief an Papst Johannes Paul II.
       beteuerte Storni damals seine Unschuld, an der er bis heute festhält.
       
       Die juristische Aufarbeitung des Falls brachte erst die Veröffentlichung
       eines Buchs "Nuestra Santa Madre. Historia Pública y Privada de la Iglesia
       Católica Argentina" der Journalistin Olga Wornat im Jahr 2003, in dem
       Storni des mehrfachen sexuellen Missbrauchs beschuldigt wurde. "Die Strafe
       ist für einen der Jungen, aber damit hat sich ein Fenster geöffnet für
       weitere Anklagen und Zeugenaussagen, denn es war nicht nur ein Seminarist,
       sondern es waren einige, die missbraucht wurden", kommentierte Wornat den
       Richterspruch.
       
       Rubén Descalzo zeigte sich erleichtert über das Urteil. "Es hilft mir, eine
       schwere Etappe in meinem Leben endlich zu beenden", so der ehemalige
       Seminarist. Acht Jahre Haft sind in diesem Fall die Mindeststrafe. Wegen
       seines Alters kann der 73-jährige Storni die Strafe jedoch im Hausarrest
       verbüßen. Verurteilte müssen in Argentinien ab 70 Jahren ihre Haftstrafe
       nicht in einem Gefängnis absitzen. Die katholische Kirche Argentiniens hat
       sich bisher nicht geäußert.
       
       Stornis Verurteilung ist die zweite Strafe für einen katholischen
       Geistlichen in Argentinien im vergangenen Jahr. Im Juni war der katholische
       Priester Julio César Grassi in der Provinz Buenos Aires wegen sexuellen
       Missbrauchs von Kindern zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der
       52-jährige Grassi, Gründer und ehemaliger Leiter der Stiftung für Kinder
       "Felices Los Niños" (Selig sind die Kinder), wurde für schuldig befunden,
       in wenigstens zwei Fällen einen minderjährigen Jungen sexuell missbraucht
       zu haben.
       
       1 Jan 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Vogt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Katholische Kirche
       
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