# taz.de -- Kommentar Jemen: Der perfekte Standort für al-Qaida
       
       > Strukturell ist der Jemen Afghanistan ähnlich. Es ist daher nicht
       > verwunderlich, dass al-Qaida hier seine Basis aufschlägt. Doch die USA
       > drohen hier zu scheitern wie am Hindukusch.
       
       Der Jemen ist ein wunderschönes Land mit einer tief patriarchalischen
       Kultur. Die Gesellschaft ist geprägt von einem
       traditionalistisch-muslimischen Glaubensbild, in dem der moderne Islam nie
       hat Fuß fassen können. Die Zentralmacht, die aus Präsident, Armee und
       verbündeten Stämmen besteht, ist schwach. Ihr Überleben ist abhängig von
       einer wechselnden Kooperation mit anderen mächtigen Stammesfürsten.
       
       Nur aufgrund eines geschickten Austarierens der divergierenden
       Stammesinteressen und finanzieller Unterstützung aus dem Ausland hat sich
       Präsident Abdullah Saleh über Jahrzehnte an der Macht halten können. Doch
       weite Teile des Landes entziehen sich seiner Kontrolle. Derzeit bedrohen im
       Norden rebellierende schiitische Stämme den Staatsverbund, und im Süden
       fordert eine separatistische Bewegung die Loslösung von der Zentralmacht in
       Sanaa.
       
       In seiner instabilen gesellschaftlichen und staatspolitischen Struktur ist
       der Jemen Afghanistan sehr ähnlich. Es ist daher nicht verwunderlich, dass
       die Kämpfer der al-Qaida nach schweren Rückschlägen in Pakistan und
       Saudi-Arabien hier ihre Basis aufgeschlagen haben. Der Jemen bietet den
       Al-Qaida-Kämpfern einen quasi natürlichen Standort auf der Arabischen
       Halbinsel.
       
       So geht der fundamentalistische Islamismus im Jemen eine symbiotische
       Verbindung mit einer verbreiteten einheimischen Angst vor kultureller
       Entfremdung und westlicher Wertedominanz ein. Die immer auch religiös
       motivierte Auflehnung gegen aufgezwungene fremde Werteordnungen, die die
       traditionelle Struktur der Gesellschaft und damit die Macht der Stämme im
       Kern bedrohen, ist für al-Qaida das ideologische Korsett, um Glaubensbrüder
       im Kampf gegen den Westen zu sammeln und zu rekrutieren. Die bittere Armut
       im Land, die im üppigen Reichtum der benachbarten Golfstaaten einen
       demütigenden Kontrast findet, ist eine zusätzliche Quelle der Rebellion und
       der Mobilisierung einheimischer Fundamentalisten.
       
       Die USA reagieren auf diese reale Bedrohung mit der Aufrüstung der
       jemenitischen Zentralmacht und einer - noch eingeschränkten - direkten
       Beteiligung an der militärischen Bekämpfung der Islamisten. Dass diese Art
       des Kampfes im Jemen erfolgreicher sein wird als am Hindukusch, darf man
       zumindest in Zweifel ziehen.
       
       3 Jan 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Georg Baltissen
       
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