# taz.de -- Schäuble setzt Gesetz außer Kraft: Steuerhinterzieher atmen auf
> Die schlimmsten Steueroasen seien ausgetrocknet, behauptet das
> Finanzministerium - und setzt das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerflucht
> damit außer Kraft.
(IMG) Bild: Für das Bundesfinanzministerium keine Steueroase mehr, für die OECD schon: Malaysia.
Potenzielle Steuerflüchtlinge können aufatmen. Das im vergangenen Sommer
mit großem Pomp verabschiedete Gesetz zur Bekämpfung der
Steuerhinterziehung hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) jetzt
quasi außer Kraft gesetzt. Das geht aus einem Schreiben des Ministeriums
vom 5. Januar hervor, das der taz vorliegt.
Gert Müller-Gatermann vom Bundesfinanzministerium schreibt darin, "dass
kein Staat oder Gebiet die Voraussetzungen" des Gesetzes gegen
Steuerhinterziehung erfülle. In diesem Gesetz hatte die Koalition aus Union
und SPD potenziellen Steuerflüchtlingen besondere Zwangsmaßnahmen für den
Fall angedroht, dass sie Geschäfte mit Steueroasen betreiben.
Beispielsweise hätten Firmen oder Einzelpersonen bestimmte Steuervorteile
nicht mehr in Anspruch nehmen können. Die Finanzämter konnten das Gesetz
freilich bis heute nicht anwenden, weil die Liste der Steueroasen fehlte.
Diesen Mangel hat das Finanzministerium nun auf eigentümliche Art gelöst.
Es erklärt schlicht, dass keine in Frage kommenden Steueroasen existieren.
Dieser Umstand ist erstaunlich. Pflegt doch die Organisation für
Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) in Paris eine Liste der Territorien
und Staaten, die Steuerhinterziehung begünstigen. Auf der "grauen Liste"
stehen Länder, die sich zwar offiziell zum Kampf gegen Steuerhinterziehung
bekennen, praktisch aber wenig dagegen unternehmen. Dazu gehören Andorra,
die Bahamas, Malaysia, die Philippinen und andere.
Das Finanzministerium ignoriert diese "graue Liste" und bezieht sich
dagegen auf die "schwarze Liste" der OECD. Diese verzeichnete bis zum
vergangenen Jahr die Namen der harten Steueroasen, die Informationen über
versteckte Vermögen offensiv geheimhielten. Heute ist diese Liste leer,
weil im Zuge der Finanzkrise die Regierungen der USA, Frankreichs,
Deutschlands und anderer Staaten Druck auf die Steueroasen ausübten, ihre
schädliche Praxis abzuschaffen. Alleine den deutschen Finanzämtern gehen
durch Steuerflucht jedes Jahr Milliarden Euro verloren.
Die Opposition im Bundestag kritisiert das Vorgehen. "Angesichts der
Steueroasen auf der grauen Liste wäre es falsch, wenn das Gesetz faktisch
kassiert würde", sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß der taz. Die
schwarz-gelbe Regierung erfülle nun die "Erwartungen der Wirtschaft, die
den Wahlkampf von Union und FDP finanziell massiv unterstützt hat", so Poß.
Der grüne Finanzpolitiker Gerhard Schick sagte, "der Mantel des Gesetzes
bleibt leer. Schäuble beendet den Kampf gegen die Steueroasen".
Im Finanzministerium stellt man die bisherigen Aktivitäten als Erfolg dar.
Dass keine Staaten mehr auf der schwarzen OECD-Liste stünden, sei dem Druck
geschuldet, den unter anderem Deutschland auf die Schweiz und Liechtenstein
ausgeübt habe. Sollten sich die Staaten auf der grauen Liste künftig nicht
kooperativ zeigen, könnten durchaus Sanktionen ergriffen werden, sagte eine
Sprecherin.
Gerade Liechtenstein spielte früher eine besondere Rolle. Mit Hilfe
Liechtensteiner Stiftungen bewahrte nicht nur der ehemalige Post-Chef Klaus
Zumwinkel jahrelang Millionen Euro vor deutschen Finanzämtern. Als die
Staatsanwaltschaft Zumwinkel zu Hause abholte und seine Steuertricks
öffentlich wurden, musste die Politik handeln. Inzwischen hat auch das
Alpenländchen ein Abkommen zum Informationsaustausch unterzeichnet.
5 Jan 2010
## AUTOREN
(DIR) Hannes Koch
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