# taz.de -- Kommentar Haiti: Neustart für ein kaputtes Land
       
       > Die internationale Gemeinschaft muss darüber nachdenken, ob man den
       > verheerenden Status quo ante wiederherstellt oder ob man Haiti hilft,
       > zumindest die Hauptstadt völlig neu aufzubauen.
       
       Die Überlebenden des katastrophalen Bebens von Haiti fühlen sich im Stich
       gelassen. Für sie kommt die Hilfe viel zu langsam. Kein Wunder: Strom- und
       Telefonnetz liegen darnieder, die Straßen der Hauptstadt sind von Trümmern
       blockiert, die Krankenhäuser überfüllt. Die Grenze zur Dominikanischen
       Republik, dem einzigen Nachbarland, ist 48 Stunden nach den todbringenden
       Erdstößen noch geschlossen.
       
       Doch die Hilfe ist bereits unterwegs. Die hochprofessionell operierenden
       Katastrophenhilfswerke sind darauf eingerichtet, selbst in einem Land, wo
       nichts mehr funktioniert, effizient zu helfen. Die meisten bringen Zelte
       und Nahrungsmittel für mehrere Wochen für die eigenen Teams mit. Ärzte ohne
       Grenzen wird ein aufblasbares Spital errichten. Das Rote Kreuz kann binnen
       weniger Stunden sauberes Trinkwasser herstellen. Die britische Organisation
       Map Action fertigt Karten der betroffenen Gebiete, die Orientierung bieten,
       wo zugepackt werden muss, und wie man dorthin gelangen kann. Das schwere
       Gerät zur Beseitigung der Betontrümmer ist mit einem US-Flugzeugträger
       unterwegs.
       
       Hinter jeder Naturkatastrophe steckt auch menschliches Versagen. In Haiti
       sind es Generationen unfähiger und ausbeuterischer Regime: von den
       Franzosen, die ihre rebellische Kolonie verwüsteten, bis zum
       Weltwährungsfonds, der, sekundiert von den USA, den ohnehin schon schwachen
       Staat zwang, seine wenigen Einkommensquellen zu privatisieren. Dass da
       Bauvorschriften, so weit vorhanden, nicht eingehalten werden, darf nicht
       überraschen. Ein kaputtes Land ist jetzt noch kaputter. Das wäre ein Anlass
       für die internationale Gemeinschaft, darüber nachzudenken, ob man den
       verheerenden Status quo ante wiederherstellt oder ob man Haiti hilft,
       zumindest die Hauptstadt völlig neu aufzubauen und dem Land einen Neustart
       zu ermöglichen.
       
       14 Jan 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Leonhard
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA