# taz.de -- Armut: Arm trotz Arbeit
       
       > Der Kinderzuschlag soll Eltern unterstützen, die trotz Arbeit aufgrund
       > niedriger Löhne ihre Familie sonst nicht ernähren könnten. Doch es
       > bekommen ihn nur wenige.
       
 (IMG) Bild: In Bremen profitieren zu wenig Kinder vom Kinderzuschlag.
       
       Zu wenig Familien können in Bremen ihr geringes Einkommen mit dem
       Kinderzuschlag aufstocken. Diesen Schluss zieht der Grüne Kinderpolitiker
       Mustafa Öztürk aus der Senatsantwort auf seine Anfrage zum Thema
       "Kinderarmut in Bremen und Bremerhaven". Seine Frage: Ob die Neuregelung
       des Kinderzuschlags im Oktober 2008 dazu führte, "präventiv
       Alleinerziehende und Familien mit Kindern vor Armut zu schützen".
       
       Eine Antwort auf diese Frage kann der Senat nicht liefern, nennt aber die
       Zahl derjenigen, die den Kinderzuschlag bekommen: Im Oktober 2009 waren es
       1.206 Haushalte in den Arbeitsagenturbezirken Bremen und Bremerhaven, wozu
       angrenzende Landkreise in Niedersachsen zählen. Demgegenüber steht die Zahl
       der Kinder, deren Eltern ihr Einkommen mit Hartz IV aufstocken und damit
       keinen Kinderzuschlag bekommen. In der Stadt Bremen waren es im Januar 2009
       10.836 und in Bremerhaven 3.029 Kinder und Jugendliche. Für Öztürk ein
       Zeichen dafür, dass der Kinderzuschlag kein zufriedenstellendes Instrument
       ist. "Das heißt, dass all diese Leute arbeiten und trotzdem
       Sozialleistungen beziehen müssen." Gelöst werden könne dieses Problem
       allerdings nicht in Bremen, da es sich um eine Bundesgesetzgebung handle,
       so Öztürk.
       
       Konkreter wird der Vorsitzende des Bremer Erwerbslosen Verbands, Herbert
       Thomsen. Zwar liege man mit Wohngeld und Kinderzuschlag etwa 30 bis 100
       Euro über den Hartz IV-Sätzen. "Das kann für jemand, der nichts hat, eine
       Menge Geld sein - aus der Armut führt das aber nicht heraus", so Thomsen.
       Dies gelinge nur über höhere Sozialleistungen. Für Kinder werden diese
       voraussichtlich tatsächlich steigen, die Bundesregierung hat dies
       angekündigt. Thomsen hält aber auch den Kinderzuschlag von 140 Euro für zu
       niedrig - und ist damit in Bremen nicht alleine. 200 Euro für Kinder unter
       14 Jahren und 270 Euro für Ältere hatte die Arbeitnehmerkammer schon 2007
       gefordert.
       
       Anders als Thomsen hält der sozialpolitische Sprecher der Grünen, Horst
       Frehe, den Kinderzuschlag für ein geeignetes Instrument der
       Armutsprävention. Viel Geld habe jemand dadurch zwar nicht, aber er oder
       sie könne seine Familie selbst ernähren. "Es macht einen großen
       Unterschied, ob man ständig zur Bagis muss, um dort jede müde Mark
       nachzuweisen oder nicht", so Frehe. Außerdem hätten von der Neuregelung
       2008 doch einige Menschen profitiert. So bekamen im September 2008 nur 364
       Personen den Kinderzuschlag und ein Jahr später 1.338. "Das zeigt, dass das
       sehr attraktiv ist."
       
       Einig ist sich Frehe mit Thomsen in der Einschätzung, dass die
       Familienkassen, die die Berechtigung auf den Kinderzuschlag prüfen, zu
       langsam arbeiten. "Da wartet man bis zu einem Dreivierteljahr", kritisiert
       Thomsen. In dieser Zeit würden die Familien auf dem Trocknen sitzen, da die
       Bagis solange auch nichts zahle.
       
       Deutlich wird in der Senatsantwort wieder einmal, dass vor allem Frauen von
       Armut betroffen sind. Knapp die Hälfte der Familien, die Hilfe vom Staat
       bekommen, müssen mit nur einem Elternteil auskommen. Und 96 Prozent der
       Alleinerziehenden sind Mütter. Beim Kinderzuschlag haben die oft das
       nachsehen, erklärt Thomsen. Der werde nämlich mit Unterhaltszahlungen des
       getrennt lebenden Elternteils verrechnet.
       
       18 Jan 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eiken Bruhn
       
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