# taz.de -- Philosophen analysieren Doping: Das optimierte Gehirn
> Doping präventieren, anstatt es zu bekämpfen: Philosophen der TU-Berlin
> wollen mit einem interdisziplinären Projekt die vielfältigen Faktoren des
> Dopings entschlüsseln.
(IMG) Bild: Translating Claudia Pechstein: Sie stolperte noch ganz lapidar über juristische Fallstricke.
"Translating Doping - Doping übersetzen". Auf den ersten Blick klingt das
wie Englisch für Anfänger. Doch sobald Christoph Asmuth, Professor für
Philosophie an der TU Berlin, erklärt, was bei dem Forschungsprojekt, das
seit April 2009 mit 1,3 Millionen Euro vom Bundesforschungsministerium
gefördert wird, bearbeitet wird, kommt Klarheit in die Sache.
Die TU-Philosophen wollen dabei helfen, dass das Wissen, das rund um den
Themenbereich Doping angehäuft wird, geisteswissenschaftlich genutzt und
hinterfragt wird. Die Philosophie ist, sagt der 47-jährige Asmuth, "auch
eine Übersetzungswissenschaft".
Gemeinhin gilt Doping als eine Sache der Sportmediziner und der
Pharmakologen, bestenfalls noch der Biochemiker und Juristen. Wer
Prävention will, sollte nicht am Know-how der Pädagogen vorübergehen. Und
um das soziale Phänomen Doping zu verstehen, bedarf es der soziologischen
Forschung. "Die unterscheidenden Hinblicknahmen erzeugen bei der
Übersetzung ganz neue Kontexte", sagt Asmuth.
Auch die Philosophen sind unmittelbar gefordert, wenn es um Doping geht:
"Da wird sehr oft unreflektiert mit moralischen Kategorien operiert", sagt
Asmuth, "wie in kaum einem anderen gesellschaftlichen Bereich." Und
spätestens die Moral ist ja ein philosophisches Thema. Handelt ein
Sportler, wenn er bestimmte Medikamente einnimmt, unmoralisch? Verstößt er
gegen ethische Grundsätze?
Gegenwärtig wird heftig das Thema "Neuro-Enhancement" diskutiert: Dürfen
gesunde Menschen zu pharmazeutischen Mitteln greifen, um ihre geistige
Leistungsfähigkeit zu verbessern? Im November vergangenen Jahres legten
Forscher der Berlin-Brandenburger Akademie der Wissenschaften ein Manifest
vor: "Das optimierte Gehirn" heißt es und plädiert dafür,
Neuro-Enhancement-Präparate (NEPs) nicht per se zu verdammen. Es gelte,
"das Recht eines jeden entscheidungsfähigen Menschen, über sein
persönliches Wohlergehen, seinen Körper und seine Psyche zu bestimmen",
ernst zu nehmen.
Für den Sport sind solche Überlegungen weitgehend fremd. "Hier wird Doping
nicht als exotische Praxis oder als entschuldbares Vergehen betrachtet",
sagt Asmuth. Schon der Begriff des "Dopingsünders" deute an, dass einem
überführten Sportler noch in seinem Leben nach dem Sport die Sünde anhängt.
Dieses Aufeinanderprallen von verschiedenen Disziplinen und ihren
unterschiedlichen Antworten auf ähnliche Probleme ist das Arbeitsprinzip
der "Translating-Doping"-Forscher.
Gerade haben Asmuth und seine Kollegen von der TU Berlin und vom Institut
für Sportwissenschaft der Humboldt-Universität die erste von drei
Forschungsphasen abgeschlossen. "Vergegenwärtigung" hieß die, danach kommen
"Verständigung" und "Übertragung". Mehrere Hearings wurden veranstaltet,
bei denen bewusst weniger Sportmediziner, sondern vermeintlich fachfremde
Wissenschaftler, etwa Juristen, Politologen oder Philosophen, befragt
wurden, was denen zum Thema Doping und Dopingbekämpfung einfällt.
Ein demnächst erscheinender Sammelband unter dem Titel "Was ist Doping?"
ist der Output der ersten Phase. Auch eine randvoll mit Texten gefüllte
Website ([1][www.translating-doping.de]) ist Mitte Januar gelauncht worden.
Für Christoph Asmuth, der sich als Nichtsportexperte erst in die Materie
einarbeiten musste, liegt im Beackern des Dopingthemas eine große Chance
für die Philosophie. "Wir sind häufig Universaldilettanten", sagt er, und
daher müsse sein Fach eine gewisse Bescheidenheit vor dem walten lassen,
was andere Disziplinen an Wissen zu Tage gefördert haben.
Gleichzeitig aber zeige sich gerade beim Doping-Thema, wie wichtig die
Rolle der Philosophie als interdisziplinäre Wissenschaft ist. "Die
Philosophie widmet sich den Problemen, die im Dopingdiskurs entstehen",
sagt Asmuth, "gerade weil sie nicht nur und schon gar nicht ausschließlich
Probleme des Sports sind."
3 Feb 2010
## LINKS
(DIR) [1] http://www.translating-doping.de/
## AUTOREN
(DIR) Martin Krauss
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