# taz.de -- Verbraucherschutz Finanzen: Intransparenter als jeder Joghurt
       
       > Bei der Neuordnung der Finanzaufsicht vernachlässigt Schwarz-Gelb den
       > Verbraucherschutz. Dabei ist es üblich dass die Banken zu risikoreiche
       > Anlagen verkaufen – der Provision wegen.
       
 (IMG) Bild: Verbraucherschützer Gert Billen vergleicht Finanzprodukte mit Jogurt.
       
       BERLIN taz | In den nächsten Tagen will Bundesfinanzminister Wolfgang
       Schäuble (CDU) seine Pläne zur Neuordnung der Finanzaufsicht vorlegen.
       Dabei geht es vor allem darum, wie sich die bislang auf Bundesbank und
       Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) aufgeteilten
       Kompetenzen bei der Bundesbank bündeln lassen, ohne deren Unabhängigkeit in
       Frage zu stellen. Die Konzentration soll eine wirksamere Kontrolle der
       Finanzinstitute ermöglichen.
       
       Bislang praktisch keine Rolle spielt bei diesen Überlegungen der
       Verbraucherschutz. Dabei hat die Finanzaufsicht grundsätzlich zwei
       Aufgaben: Sie soll die Solvenz der Banken sichern, also Beinahe- oder echte
       Pleiten möglichst verhindern. Sie muss aber auch den Markt beaufsichtigen,
       und das heißt: verbraucherbezogen kontrollieren. "Wir brauchen eine
       Aufsicht, die dafür sorgt, dass auch bei den Verbrauchern weniger Verluste
       entstehen", sagt Gerd Billen, Präsident des Verbraucherzentrale
       Bundesverbands (vzbv). Damit die Behörden entsprechend aktiv werden können,
       müsse der Verbraucherschutz gesetzlich verankert werden.
       
       Bislang fühlt sich nur Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) für
       das Thema zuständig. Um Anleger vor unseriösen Bankberatern zu schützen,
       hat sie eine Dokumentationspflicht für Beratungsgespräche eingeführt. Auf
       Druck der Lobby überließ sie es den Banken jedoch selbst, ob sie ihre
       Finanzprodukte zusammen mit einem Produktinformationsblatt vertreiben - mit
       der Folge, dass fast alle darauf verzichten. "Auf jedem Joghurt muss
       stehen, was drin ist und was er kostet", sagt Billen. "Warum der
       Verbraucher bei Finanzprodukten nicht erfahren soll, welche Risiken sie
       haben und welcher Anteil am Geld dem Verkäufer zufließt, erschließt sich
       mir nicht."
       
       Weil der Verkauf von Geldanlagen mit Provisionen forciert wird, verkaufen
       die Banken ihren Kunden oft unpassende Anlagen oder solche, die riskanter
       sind als gewünscht. Einer Studie des Verbraucherschutzministeriums zufolge
       verlieren Anleger auf diese Weise jährlich mindestens 20 Milliarden Euro.
       Auch in der Union mehrt sich deshalb der Druck auf Aigner, dagegen
       vorzugehen. Baden-Württembergs Verbraucherminister Peter Hauk (CDU) hat
       eine Bundesratsinitiative angekündigt. Ziel ist ein Gesetz, das zur
       Offenlegung von Provisionen zwingt.
       
       Verbraucherschützer wollen darüber hinaus auch die Zulassung der
       Finanzprodukte insbesondere auf dem grauen Kapitalmarkt besser kontrolliert
       sehen. Zertifikate beispielsweise, die wertlos werden, wenn das ausgebende
       Institut bankrott ist, dürfen in den USA nicht mehr an Privatanleger
       vertrieben werden, weil sie zu riskant sind - in Deutschland schon. "Wir
       brauchen eine Stelle, die eine Folgeabschätzung für den Markt vornimmt und
       auch Vertriebsbeschränkungen aussprechen kann", sagt vzbv-Präsident Billen.
       
       Für ebenso wichtig hält er ein Beschwerderecht der Verbraucherverbände, das
       auch Minister Hauk fordert: "So könnten die Verbraucherschutzverbände
       stärker an der Arbeit der Finanzaufsichtsbehörden teilhaben."
       
       In Großbritannien ist dieses Modell erfolgreich. Vor ein paar Jahren wurde
       bekannt, dass immer mehr Kreditinstitute ihren Kunden zu einem Darlehen
       gleich auch eine Restschuldversicherung verkauften, auch wenn diese schon
       anderweitig gegen die Risiken abgesichert waren. Die Bafin erklärte den
       Verbraucherverbänden, sie könne nichts machen. In Großbritannien dagegen
       mussten die Behörden gegen die Unternehmen vorgehen. Schätzungen zufolge
       sparten die Verbraucher dadurch jährlich rund 1 Milliarde Pfund.
       
       6 Feb 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Beate Willms
       
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