# taz.de -- Kolumne Männer: Testosteron ist ein lustiges Hormon
       
       > Männer machen Witze, weil sie müssen: Die Evolution hat es so gewollt.
       
       Männer sind witziger als Frauen. Ich lasse diesen Satz einfach mal so
       stehen, damit Sie, liebe Leserin und lieber Leser, sich kurz darüber
       aufregen können. Denn diese Behauptung ist natürlich zutreffend, aber stark
       verkürzt. Das weiß ja jedes Kind. Aber erklären Sie solche Feinheiten mal
       einem Experten.
       
       Auf der Suche nach pseudowissenschaftlichem Blendwerk für eine Kolumne über
       "Männer und Humor" bin ich nämlich über eine Studie gestolpert. Professor
       Sam Shuster vom Norfolk and Norwich University Hospital will herausgefunden
       haben, dass Witz, Humor und Testosteronspiegel direkt miteinander
       zusammenhängen. Und zwar durch einen Test, bei dem er auf seinem Einrad
       durch Newcastle upon Tyne balancierte. Dabei - oder danach? - hat er
       aufgezeichnet, wie rund 400 Menschen auf ihn reagierten. Selbst diese
       bizarre Versuchsanordnung konnte nicht verhindern, dass das Ergebnis so
       ausfiel, wie ich es längst erwartet hatte: Männer machen mehr Witze als
       Frauen, und je jünger die Männer sind, desto aggressiver sind ihre
       Bemerkungen.
       
       Pubertierende Jungs riefen Shuster Dinge zu wie: "Fall runter, Opa!"
       Shuster erklärte sich das damit, dass junge Männer ihn als Bedrohung sähen.
       Denn seine kleine Show könnte die Aufmerksamkeit von Frauen von ihnen
       fortlenken. Es spricht nicht gerade fürs Selbstvertrauen nordenglischer
       Jungmänner, dass sie glauben, sie könnten weniger Sex haben, weil auf der
       Straße ein emeritierter Arzt Einrad fährt. Ältere Herrschaften mit weniger
       Testosteron im Blut waren da souveräner. Ein alter Mann fragte schlicht:
       "Typ, quetscht dir das die Eier ein?"
       
       Frauen hingegen tendierten zu beifälligen, zutiefst langweiligen
       Bemerkungen wie: "Clever, clever." Eine Mutter sagte zu ihrem etwa
       fünfjährigen Sohn: "Schau mal, warum fährt der da auf einem Rad?" Woher
       soll denn das arme Kind das wissen? Hingegen fragte ein drei- bis
       vierjähriger Junge: "Mama, der Mann hat sein Fahrrad kaputtgemacht: Es hat
       nur ein Rad." Im Unterhaltsamkeitswettstreit zwischen Müttern und
       dreijährigen Jungen steht es damit 1 zu 0 für die Kleinkinder.
       
       Das männliche Sexualhormon gilt bekanntlich als schuld an so ziemlich
       allem: Krieg, Haarausfall und Rammstein. Weniger bekannt ist, dass einer
       seiner Seiteneffekte auch Witz und Humor sind. Schon Sigmund Freud
       unterschied die beiden Dinge genau: Witz ist eine gesellschaftlich
       akzeptierte Form, Aggressionen loszuwerden. Wer witzig ist, der buhlt um
       Aufmerksamkeit, der kämpft und will sich von anderen Männern abheben. Damit
       lassen sich ab und an Frauen beeindrucken. Hingegen macht der humorvolle
       Mensch nicht Scherze auf Kosten anderer, sondern über sich und seine
       Mängel. Das zeugt von Intelligenz und Empathie - und Unverständnis für die
       Verlogenheit der menschlichen Natur.
       
       Das beweist schon das Ergebnis einer BBC-Befragung von mehr als 200.000
       Internetnutzern. Die meisten Frauen gaben an, für sie sei die wichtigste
       Eigenschaft eines Mannes Humor. Das ist natürlich selbstbeweihräuchernder
       Unsinn. Denken Sie bloß an die Paare in ihrem Freundeskreis. Wem das nicht
       als Beweis genügt, dem sei gesagt, was laut derselben Studie Männer am
       meisten an Frauen schätzen: Intelligenz.
       
       Es ist besser, dass Frauen seltener Witze machen als Männer. Auch ihr
       Östrogen richtet große Schäden an, beispielsweise Vampirfilme und Maria
       Furtwängler. Und es sorgt dafür, dass das für Pornografie erfundene
       Internet missbraucht wird, um auf YouTube millionenfach das zittrige
       Handyvideo eines niesenden Panda-Babys anzugucken. Da hört für mich der
       Spaß auf.
       
       11 Feb 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Matthias Lohre
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA