# taz.de -- Kommentar Akw-Laufzeiten: Die Panik der Schwarz-Gelben
       
       > Die Schärfe des Atom-Streits erklärt sich aus seiner strategischen
       > Dimension. Überzeugte Schwarz-Gelbe in der CDU geraten langsam in Panik:
       > Schwarz-Grün könnte salonfähig werden.
       
       Befürworter längerer Atomlaufzeiten hätten sich über die Äußerungen des
       Umweltministers eigentlich auch freuen können. Immerhin will Norbert
       Röttgen die Kraftwerke bis zu acht Jahre länger am Netz lassen,
       gleichzeitig neutralisiert er mit einer schwungvollen Ausstiegsrhetorik von
       vornherein jeden Widerstand.
       
       Aber die Fraktion der schwarz-gelben Atombefürworter ist dem Minister alles
       andere als dankbar. Unfreiwillig gestehen die Kritiker aus den südlichen
       Bundesländern damit ein, dass die Atomkraft für sie eben doch mehr ist als
       die viel zitierte Brückentechnologie - oder dass sie diese Brücke ins
       Unendliche ausdehnen wollen. Besonders wurmt sie allerdings, dass ihnen der
       Umweltminister ihr stärkstes Argument aus der Hand geschlagen hat mit
       seinem nur scheinbar industriefreundlichen Hinweis, man dürfe den
       Stromkonzernen für längere Laufzeiten keine finanzielle Gegenleistung
       abpressen.
       
       Die Schärfe des Streits erklärt sich aber nicht aus seiner inhaltlichen,
       sondern aus seiner strategischen Dimension. Mit wachsender Panik verfolgen
       die überzeugten Schwarz-Gelben, dass der Koalitionszug bei der CDU längst
       in Richtung Grüne fährt. Der offenkundige Flirt des Nordrhein-Westfalen
       Jürgen Rüttgers, die täglichen Affronts des Finanzministers gegen die
       Steuersenker von der FDP, die demonstrative Kühle der Kanzlerin im Umgang
       mit dem angeblichen Wunschpartner, dazu die schwarz-grüne Bildungsreform in
       Hamburg: das alles ließ Röttgens Worte zum Atomausstieg plötzlich wie ein
       Fanal erscheinen - obwohl er sich schon vor Monaten ebenso geäußert hatte.
       
       Wenn Guido Westerwelle in Berlin lautstark den Beleidigten gibt und ein
       Teil der Akteure die CDU als Atompartei profiliert, werden sie die
       strategische Option für Schwarz-Grün damit allerdings nicht verhindern. Im
       Gegenteil, bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen schwächen sie damit nur die
       FDP und stärken die Grünen. Denn über die künftige Koalition in Düsseldorf
       wird nicht in parteiinternen Lagerdebatten entschieden, sondern an der
       Wahlurne am 10. Mai.
       
       12 Feb 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralph Bollmann
       
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