# taz.de -- Nazi-Aufmarsch in Dresden: Gezerre um Blockaden
       
       > Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz weigert sich, den Blockierern zu
       > danken. Der Politologie-Professor Eckhard Jesse kritisiert die Blockaden,
       > aber auch Helma Orosz.
       
 (IMG) Bild: Aktionsform Schienenblockade.
       
       Nach den Protesten vom vergangenen Wochenende in Dresden streiten die
       Akteure weiter um die Deutungshoheit über die Leistungen bei der
       Verhinderung des Nazi-Aufmarschs. Im Netz kommt vor allem die Position der
       Blockierer vor: Da wird sich über die Menschenkette lustig gemacht und
       davon gesprochen, dass man allein mit ihr den Nazi-Aufmarsch niemals
       verhindert hätte.
       
       [1][Der Tweet] "Hätte ich gäwosst, dass man mit Händchenhalten
       marschierände Hordän aofhalten kann, hätte ich das för die Verteidigong
       Bärlins bäfohlen!" des Satire-Twitter-Accounts [2][@derFuehrer] war im Netz
       sehr beliebt, er wurde hundertfach "retweetet". Unzufrieden waren viele
       Twitterer auch mit der Berichterstattung durch die öffentlich-rechtlichen
       Medien, insbesondere des MDR.
       
       Kern des Konflikts ist die Beurteilung der Aktivitäten auf der Neustädter
       Seite Dresdens. Ist es richtig, eine genehmigte Demonstration mit Blockaden
       zu verhindern? Ist die Sachlage eine besondere, wenn es darum geht, eine
       Nazi-Demo zu blockieren? Während das Bundesverfassungsgericht
       [3][festgestellt hat], dass eine friedliche Blockade keine Straftat
       ("Nötigung") darstellt, bleibt doch gleichzeitig die Frage nach der
       moralischen Einordnung von Blockaden.
       
       Das Bündnis "[4][Dresden Nazifrei]", das die Blockaden mit organisiert hat,
       zieht ein positives Fazit. Wenig überraschend: Für das Bündnis ist die
       Verhinderung des Naziaufmarschs "ein großer Erfolg". Im Aktionskonsens
       grenzt man sich aber durchaus von brennenden Barrikaden ab: "Unsere
       Massenblockaden sind Menschenblockaden".
       
       Auch die gefallen dem Politik-Professor Eckard Jesse von der TU Chemnitz
       nicht. Jesse hat jetzt in einem dpa-Gespräch die Verhinderung des
       Nazi-Aufmarsch durch Blockaden als "Niederlage für den Rechtsstaat"
       bezeichnet. Auf taz-Nachfrage bekräftigt Jesse seine Position noch einmal:
       "In einem Rechtsstaat entscheiden die Gerichte und nicht die
       Gegendemonstranten, ob, wann und wo demonstriert wird."
       
       Jesse wundert sich aber auch über die Darstellung in den Medien und
       [5][durch die Dresdner Bürgermeisterin Helma Orosz]. "Es ist eine Legende,
       dass die Menschenkette die Demonstration verhindert hat", sagt Jesse, lobt
       die Menschenkette gleichzeitig als "positiv", voller Stille und Würde und
       merkt mehrfach an, dass er sich wundere, dass die Dresdner Bürgermeisterin
       die Blockaden überhaupt nicht nennt. "Hat sie keine Meinung dazu?" fragt
       Jesse, um dann nachzuschieben: "Eine Stellungnahme ist nötig!"
       
       16 Feb 2010
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://twitter.com/Der_Fuehrer/status/9064030445
 (DIR) [2] http://twitter.com/Der_Fuehrer/
 (DIR) [3] http://www.servat.unibe.ch/law/dfr/bv073206.html
 (DIR) [4] http://www.dresden-nazifrei.com
 (DIR) [5] /1/politik/deutschland/artikel/1/ob-orosz-lobt-nur-sich/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Seeliger
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Blockierte Nazi-Demo in Dresden: Niederlage für die Rechten
       
       Um 16:48 Uhr war klar: Die Rechtsextremen marschieren nicht. Über 10.000
       Demonstranten verhinderten den "Trauermarsch" der Nazis. Deren Frust wirkte
       nach.
       
 (DIR) Kommentar Dresden: Effektive Blockaden
       
       Dass die engagierte Zivilgesellschaft auch zu aktiven Blockaden gegen die
       Neonazis greift, wird zunehmend zum Exportschlager.
       
 (DIR) Ticker "Dresden Nazifrei": "Wenn keine Steine fliegen"
       
       Nazi-Aufmarsch verhindert! Tausende bei mehreren großen, friedlichen
       Blockaden. 4000 "Autonome Nationalisten". Auch die Menschenkette hat alle
       Erwartungen übertroffen.
       
 (DIR) Zivilgesellschaft in Dresden: "Hier versagt das Bürgertum"
       
       Der Naziaufmarsch hat Dresden vereint, glaubt Aktivist Christian Demuth.
       Und seit dem Marwa-Mord gebe es Sorge ums Image. Anti-Nazi-Aktivisten
       werden weiterhin als "linksextrem" verunglimpft.
       
 (DIR) Ticker Teil II: Passt aufeinander auf!
       
       Verfassungsschutz korrigiert Schätzungen nach oben: Über 7000 Neonazis aus
       ganz Europa werden erwartet. Gewaltaufrufe in Nazi-Foren. Linke Kundgebung
       um 10 Uhr, Albertplatz, Dresden-Neustadt.