# taz.de -- Kommentar Türkei: Steiniger Weg zur Demokratie
> Mit dem Vorgehen gegen die Extremisten in der Armee beginnt in der Türkei
> eine Aufarbeitung der Geschichte. Erst danach wird das Land in Europa
> ankommen.
Auf dem Papier hat die seit acht Jahren in der Türkei allein regierende AKP
viele Reformen angestoßen. Doch hinter den Kulissen wird die Türkei nach
wie vor von einem Bündnis aus Bürokraten und Militärs dominiert.
Dass aus diesem Bündnis heraus der Versuch unternommen worden sein soll,
die aus dem islamischen Milieu stammende Partei des Ministerpräsidenten
Erdogan durch einen Militärputsch zu stürzen, dürfte niemanden überraschen.
Schließlich wurde die AKP von den streng säkularen Hütern eines autoritären
Kemalismus von Anfang an als staatsgefährdend eingestuft.
Hinzu kommen andere Kardinalsünden wie die Annäherung an Armenien, die
Benennung des Kurdenproblems und Zugeständnisse im Zypernkonflikt. Damit
hat die türkische Regierung die nationalistische Seele mancher Türken in
den letzten Jahren mehr als einmal strapaziert.
Der Weg der Türkei zur Demokratie ist steinig. Die gegenwärtige Regierung
aber erweist sich als zäh, widerstandsfähig und entschlossen. Dass dürfte
sogar manche in der AKP überrascht haben, denn diese Partei ist keineswegs
ein Hort des Liberalismus. Nicht wenige ihrer Abgeordnete sind national
gesinnt, denn auch der Islam in der Türkei neigt eher zum Nationalismus als
zur weltumspannenden Muslimbruderschaft.
Die säkulare Elite der Türkei hat sich bei der Modernisierung des Landes
Verdienste erworben. Bei der Demokratisierung aber hat sie bislang versagt
vor einer Gegenwart, die viel Flexibilität und Pragmatismus erfordert. Die
Staatselite aber sieht in den Bürgern nach wie vor in erster Linie
Untertanen, die es zu überwachen gilt.
Mit dem Vorgehen gegen die alte Garde in der Armee und in der Bürokratie
beginnt in der Türkei auch eine Aufarbeitung der jüngsten Geschichte. Erst
nach dieser Aufarbeitung wird das Land in Europa ankommen. Und, noch
wichtiger: durch ihr Vorbild demokratische Reformen in der islamischen Welt
einleiten können.
24 Feb 2010
## AUTOREN
(DIR) Zafer Senocak
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