# taz.de -- Taz-Sonderseiten zum Frauentag: Die Männer-Rechte
       
       > Männer machen Front gegen den Feminismus. Jetzt müsse Schluss sein mit
       > der "Besserstellung der Frau". Selbst vor Kooperationen mit
       > Rechtsradikalen schrecken einige nicht zurück.
       
 (IMG) Bild: Weil es so nicht weiter gehen kann: Der Maskulismus macht jetzt Front gegen den Feminismus.
       
       Die Politik hat die Anliegen der Männer entdeckt. Auf der Suche nach Profil
       wurde zuletzt Familienministerin Kristina Schröder (CDU) fündig: "Wir
       müssen die Männer stärker in den Blick nehmen", betonte sie beim
       Antrittsbesuch im Familienausschuss.
       
       Das neue Thema der schwarzgelben Koalition signalisiert nicht unbedingt ein
       gesteigertes Interesse an Gleichstellung. Im Gegenteil, gerade bei der FDP,
       die die Männerpolitik im Koalitionsvertrag verankerte, klingen stellenweise
       ganz andere Töne an.
       
       So beschlossen die bayerischen Jungliberalen kürzlich eine Erklärung, laut
       der sie die "Knechtschaft" der Männer beenden wollen. Sie fordern die
       Abschaffung des Bundesgleichstellungsgesetzes, die Rücknahme aller
       UN-Resolutionen und Passagen in EU-Verträgen zum Gender Mainstreaming sowie
       das Streichen sämtlicher Quotenregelungen. Statt staatlicher Bevormundung
       müsse "die volle Vertragsfreiheit wiederhergestellt werden".
       
       Wie das neu geschaffene Referat 408 "Gleichstellungspolitik für Männer und
       Jungen" im Familienministerium arbeiten wird, hängt auch davon ab, welche
       Forderungen aus der Gesellschaft erhoben werden. Da heißt es genau
       hinsehen, denn die Männerbewegung präsentiert sich heterogen.
       
       Geschlechterdialogisch orientierte Verbände gründen gerade ein "Bundesforum
       Männer" als Pendant zum Deutschen Frauenrat. Antifeministische Aktivisten
       dagegen schrecken selbst vor Kooperationen mit Rechtsradikalen nicht
       zurück. Sie klagen über eine "Kaste der Genderfunktionäre", deren
       kulturelle Hegemonie jeden Widerspruch unterdrücke.
       
       ## 
       
       Doch beim Blick in die Presse wird eher eine ganz andere Hegemonie
       sichtbar. Denn wann immer die publizistischen Alpha-tiere der Republik etwa
       das spröde Wortpaar Gender Mainstreaming erwähnten, changierte die
       Bewertung zwischen "lächerlich" und "gefährlich". 2005 bezeichnete der
       Stern die "neue Geschlechtergefühligkeit" als "trivial und teuer".
       
       Der Spiegel malte 2007 ein düsteres Bild autoritärer Genderpädagogik, das
       Jungen "früh zu Kritikern des eigenen Geschlechts" mache. FAZ-Redakteur
       Volker Zastrow wetterte gegen das "angewandte Kaderprinzip der
       feministischen Lobby", die eine "politische Geschlechtsumwandlung" plane.
       
       Dass die rechtslastige Junge Freiheit einen ganz ähnlichen Verschwörungston
       anschlug ("Eine totalitäre Ideologie"), störte die bürgerlichen Leitmedien
       offenbar nicht. Die antifeministische Kampagne hatte Erfolg: Im
       Familienministerium wird das Wort Gender Mainstreaming mittlerweile
       ängstlich gemieden. Das angegliederte "Genderkompetenzzentrum" ist in
       Auflösung begriffen.
       
       Als wissenschaftlicher Kronzeuge dient häufig der Bremer Soziologe Gerhard
       Amendt. Der Geschlechterforscher, einst Vorkämpfer für die Legalisierung
       der Abtreibung, behauptet inzwischen, Frauen seien in Beziehungen ebenso
       gewalttätig wie Männer. In der Welt forderte er gar die Abschaffung der
       Frauenhäuser wegen ihres "militanten Feminismus".
       
       Auch der Focus schreibt mit ständigen Berichten über das "geschwächte
       Geschlecht" eine "neue Bürgerrechtsbewegung" geradezu herbei. Doch der neue
       Geschlechterkampf wird online geführt. In Internetforen stilisieren sich
       Männer zu Diskriminierten in allen Lebenslagen. Typisch für die
       Netzbeiträge ist ein trotzig-beleidigter "Da seht ihrs mal wieder"-Tonfall;
       auf unliebsame Kritiker wird zum Teil eine regelrechte Hatz veranstaltet.
       Beschimpfungen als "lila Pudel", falsche Behauptungen und die Enthüllung
       der Klarnamen von Bloggern mit anderer Meinung sind an der Tagesordnung.
       
       Die Diskutanten sind überwiegend keine Neonazis, allerdings ergeben sich
       immer wieder Überschneidungen mit und Verbindungen zu rechtsextremen
       Kreisen und Publikationen. So versorgt der Buchautor Arne Hoffmann,
       Betreiber des Blogs Genderama, die antifeministische Seite "Wie viel
       Gleichberechtigung verträgt das Land" ([1][wgvld.com]) regelmäßig mit
       Artikeln aus der Jungen Freiheit. Das Forum [2][wgvdl.com] wiederum ist mit
       der Seite [3][de.altermedia.info] verlinkt. Deren homophobe Betreiber
       riefen 2009 zu "nationalen Protesten" gegen den Christopher Street Day in
       München auf und unterstellten Oberbürgermeister Christian Ude, schwul zu
       sein.
       
       Auf der Seite [4][free-gender.de] tauschen sich Mitglieder und
       Sympathisanten der rechtsextremen Initiative "Raus aus den Köpfen -
       Genderterror abschaffen" aus. Gender Mainstreaming, so heißt es dort, sei
       "eine unbekannte Gefahr, die sich seit gut 25 Jahren immer tiefer in den
       politischen Alltag der BRD und der restlichen Welt hineingebohrt hat". Die
       vor allem in Ostdeutschland aktive Gruppe veranstaltet
       "Aufklärungsvorträge" zum Genderthema, besucht aber auch Treffen von
       Neonazis wie zum Beispiel das "Fest der Völker" im September 2009 in
       Thüringen.
       
       ## 
       
       Das Buch "Befreiungsbewegung für Männer" sieht Mitherausgeber Paul-Hermann
       Gruner als längst überfällige "Publikation für die Zeit nach dem
       Feminismus". Der Redakteur beim Darmstädter Echo fordert "das Ende des
       weiblichen Geschlechtermonologs" und eine "offensive Interessenvertretung
       der Männer". Die Kerngruppe der Autoren bildete im Dezember den Verein
       Agens - "Arbeitsgemeinschaft zur Verwirklichung der
       Geschlechter-Demokratie". Zu den Gründungsmitgliedern gehört neben Gruner
       und Hoffmann auch Amendt.
       
       Agens schmückt sich mit bekannten Experten wie dem Jugendforscher Klaus
       Hurrelmann. Er ist der Initiative nicht beigetreten, war aber bei der
       Gründungspressekonferenz mit von der Partie. Die Präsentation sei "nicht
       überzeugend" und "über das Ziel hinausschießend" gewesen, geht er im
       Nachhinein auf Distanz. Er selbst würde "das in der Wortwahl nicht so
       machen".
       
       Ausdrücklich begrüßt er "schräge Töne, Aufgeregtheiten und Zuspitzungen,
       weil dadurch Emotionen in das Thema hineinkommen". Hier würden
       "Versäumnisse und blinde Stellen" benannt, wenn auch auf unbeholfene Weise:
       "Das ist sozusagen die Fundiströmung, aus der später Realpolitik werden
       kann."
       
       Wenig Berührungsängste zu Männerrechtlern zeigt auch die CDU-nahe
       Konrad-Adenauer-Stiftung. Bei ihr arbeitet Agens-Mitglied Karl-Heinz van
       Lier, der im vergangenen Sommer mit öffentlichen Geldern die Tagung "Ein
       Männeraufbruch ist überfällig" in Mainz organisierte. Auch hier eine
       Mischung aus vergleichsweise harmlosen und extremen Rednern: Das Spektrum
       reichte von dem zur Welt gewechselten Ex-taz-Redakteur Robin Alexander über
       den fanatischen Antifeministen Arne Hoffmann bis zu Hartmut Steeb, dem
       Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, einer Dachorganisation
       pietistischer Gruppen, die gleichgeschlechtliche sexuelle Orientierungen
       als psychische Störung betrachten.
       
       Nicht jeder, der zu einem Rechtsextremen Kontakt hält oder in einer
       rechtslastigen Zeitschrift publiziert, ist automatisch selbst rechtsextrem.
       In der "Männerbewegung" existieren progressive und rückwärts gewandte
       Strömungen von jeher nebeneinander. Einige der von Männerrechtlern
       skandalisierten Themen sind wichtig: die Schwierigkeiten von Jungen in der
       Schule, die vernachlässigte Männergesundheit und die Tabuisierung der gegen
       Männer gerichteten Gewalt.
       
       Doch "ein vermeintlicher Dialog, der von vornherein mit klischeehaften
       Zuweisungen arbeitet, kann nur ein Monolog bleiben", sagt der Freiburger
       Geschlechterforscher und Gewaltexperte Hans-Joachim Lenz. Auch er hat für
       den Sammelband der Männerbefreier einen Beitrag geliefert, sich aber
       anschließend vom "maskulinistischen Geplänkel" seiner Koautoren
       distanziert.
       
       ## 
       
       Das Männerthema bekommt unter der schwarz-gelben Bundesregierung auffällig
       mehr Gewicht. Verschlafen Sozialdemokraten, Grüne und Linke ein Politikfeld
       der Zukunft? Die Oppositionsparteien verweisen warnend auf Erfahrungen in
       Österreich, wo die FPÖ gegen den Widerstand von Frauenverbänden eine
       "männerpolitische Grundsatzabteilung" im Sozialministerium installierte.
       Ein Teil der Publikationen, die die finanziell gut versorgten Wiener
       Männeraktivisten in hohen Auflagen unters Volk brachten, hatte eine
       männerrechtliche Schlagseite.
       
       Eine Idee muss aber nicht grundsätzlich falsch sein, nur weil sie der
       politische Gegner mangelhaft in die Praxis umgesetzt hat. Männerpolitik,
       die sich eindeutig distanziert von rechtskonservativem oder gar
       rechtsextremem Gedankengut, kann konfrontativ orientierten Antifeministen
       den Wind aus den Segeln nehmen. Der Gestus des Tabubrechers, der "politisch
       korrekte" Denkverbote missachtet, wäre ebenso erschwert wie das Umwidmen
       von Begriffen wie Befreiung oder Geschlechterdemokratie.
       
       7 Mar 2010
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://wgvld.com/
 (DIR) [2] http://wgvdl.com/
 (DIR) [3] http://de.altermedia.info/
 (DIR) [4] http://free-gender.de/
       
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 (DIR) T. Gesterkamp
       
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