# taz.de -- die wahrheit: Neulich in Lehrte
       
       > Neulich, auf dem Hauptbahnhof von Lehrte, Stand ich mit dem Koffer in der
       > Hand, …
       
       … Als mich eine höchst bemerkenswerte
       
       Dame ansprach, die ich nicht verstand,
       
       Denn sie sprach sehr leise. Jedenfalls
       
       Fiel sie mir im Anschluss um den Hals.
       
       Ja, sie fiel mir um den Hals und presste
       
       Ihre Brüste, warm, melonenschwer,
       
       Gegen meine Rippen; doch das Beste
       
       Kommt erst noch, denn wie von ungefähr
       
       Steckte sie, man stelle sich das vor,
       
       Ihre Zunge in mein linkes Ohr.
       
       Ihre langen, spitzen Fingernägel
       
       Grub sie beiderseits in mein Gesäß;
       
       Derlei ist in Lerthe nicht die Regel,
       
       Wie mir schien; ich stutzte demgemäß.
       
       Ja, ich stutzte, staunte gar nicht schlecht,
       
       Dennoch wars mir - zugegeben - recht.
       
       Was die Schöne noch mit ihren Brüsten,
       
       Ihrer Zunge, ihren Fingern tat,
       
       Ließe, lieber Leser, wenn Sies wüssten,
       
       Sie bestimmt erröten; daher hat
       
       Dieser mein Bericht hier vorsorglich
       
       Eine Lücke. Punkt. Gedankenstrich. -
       
       Endlich hauchte sie: "Herr Doktor Schneider,
       
       Dass ich Sie hier treffe, ist süperb!"
       
       Ich gestand, ich sei nicht Schneider, leider -
       
       Ihre Reaktion war ziemlich derb.
       
       Sie erbleichte, fauchte wutentbrannt
       
       "Scheiße!" sowie "Arschloch!" - und entschwand.
       
       Lange blieb ich reglos noch in Lehrte
       
       Sinnend stehen an des Bahnsteigs Rand,
       
       Nahm kaum wahr, dass Zug um Zug verkehrte,
       
       Stand nur da, den Koffer in der Hand.
       
       Als am Ende kalter Regen fiel,
       
       Stieg ich in den ICE nach Kiel.
       
       10 Mar 2010
       
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