# taz.de -- Kritik an DFB-Chef Zwanziger: "Vieles muss durchsichtiger werden"
       
       > Theo Zwanziger wird wohl DFB-Chef bleiben. Bei der Präsidiumssitzung wird
       > er wegen der Schiedsrichter-Affäre dennoch viel Kritik einstecken müssen.
       
 (IMG) Bild: Keine Konkurrenz von Beckenbauer: DFB-Chef Zwanziger.
       
       FRANKFURT/M. taz Der Parkplatz für den Präsidenten ist der prominenteste.
       Wer mit seinem Gefährt am Ende der Otto-Fleck-Schneise 6 vor dem
       Zentralgebäude des Deutschen Fußballbundes rechts außen stehen darf, der
       fällt im Grunde direkt in die vollautomatische Drehtür. In diesen Tagen
       zeugt die silbrig glänzende Limousine von Theo Zwanziger von der
       Anwesenheit des obersten Dienstherrn. Der Mann ist bei der Arbeit.
       
       Noch immer hat die Märzsonne die Schneereste im Frankfurter Stadtwald nicht
       ganz weggetaut - von Frühling keine Spur. Das Klima draußen passt zur
       Atmosphäre drinnen. Es sind frostige Zeiten. Der 64-Jährige will nichts
       mehr sagen, jetzt wirklich nicht mehr. Zumindest nicht öffentlich. Das gab
       es noch nie, seitdem der Jurist am 8. September 2006 zum alleinigen
       Präsidenten des DFB aufstieg. Wenn einer wie Zwanziger, Würdenträger
       verschiedener Gruppierungen, wegen seines wortreichen Einsatzes gegen
       Rassismus, Diskriminierung oder Homophobie schweigt, dann ist etwas nicht
       in Ordnung.
       
       Der Skandal in seinem Sperrbezirk, dem Deutschen Fußball-Bund, eine grotesk
       anmutende Affäre zwischen einem 63-jährigen Schiedsrichtersprecher (Manfred
       Amerell), der sich als bisexuell bezeichnet hat, und einem 27-jährigen
       Fifa-Referee (Michael Kempter), der sich heterosexuell nennt, obwohl seine
       E-Mails an Amerell anderes nahelegen, hat auch Zwanzigers Position
       erschüttert. Ihm, dem im internen Umgang längst Beratungsresistenz und
       Dickköpfigkeit vorgeworfen wird, hat das katastrophale Krisenmanagement
       mächtig geschadet. Der frühere Verwaltungsrichter hat den Fehler begangen,
       zu schnell und viel zu lange der Kempter-Seite zu vertrauen, ohne Amerell
       überhaupt richtig anzuhören. Kein Wunder, dass die Ablösung des
       DFB-Präsidenten öffentlich gefordert worden ist.
       
       Gleichwohl: Bei der Präsidiumssitzung an diesem Freitag (Beginn 11 Uhr)
       muss der DFB-Boss zwar Rede und Antwort stehen, wird daraus indes eher
       gestärkt hervorgehen. Den Plan, am 30. April einen außerordentlichen
       Bundestag einzuberufen, könnten die Vertreter aus der Deutschen
       Fußball-Liga (DFL) mit einer Sperrminorität verhindern. Die Vertrauensfrage
       beabsichtigte Zwanziger, der bei der Frauen-WM 2011 im eigenen Land den
       Strahlemann mimen möchte, ohnehin nicht zu stellen. Und eine interne
       Gegenkandidatur gibt es nicht. Der unlängst ins Spiel gebrachte Franz
       Beckenbauer lehnt dankend ab: "Ich sollte schon Fifa- und Uefa-Präsident
       werden und habe es nicht gemacht, ich habe auch keine Lust auf den
       Präsidentenposten im DFB." Zwanziger bekommt auch vom Chef des
       Liga-Verbands Rückendeckung. "Theo Zwanziger ist alternativlos", sagte
       DFL-Präsident Reinhard Rauball, der das Schiedsrichterwesen vor Kurzem noch
       als "Geheimorden" kritisierte.
       
       Deshalb ist es der DFL auch das wichtigste Anliegen, dass jener Bereich
       grundsätzlich reformiert wird. Dies wird passieren. Statt Volker Roth,
       Eugen Strigel und Amerell tanzt die Gilde von 80.000 deutschen
       Unparteiischen bald nach der Pfeife von Herbert Fandel, Lutz Michael
       Fröhlich und Hellmut Krug. 20 DIN-A4-Seiten stark ist die Beschlussvorlage
       zur Neustrukturierung des Schiedsrichterwesens, in dem Schlagworte
       Transparenz und Offenheit stehen sollen. "Vieles muss durchsichtiger
       werden", erklärt der frühere Fifa-Referee Fandel. Der 46-Jährige plant, das
       rigide Benotungssystem abzuschaffen und durch Stärke/Schwäche-Profile zu
       ersetzen, es soll Machtkonzentration verhindert werden - gerade bei der
       Sichtung, Bewertung und Beförderung. "Unser System", sagt Fandel, "basiert
       auf Neutralität und Unabhängigkeit."
       
       Im "System Amerell" entschied der Hotelier aus Augsburg im Grunde mitunter
       im Alleingang über den Aufstieg junger Schiedsrichter - und brachte so auch
       Kempter groß heraus. Dass der ehemalige Protegé Amerells dafür sexuelle
       Gefälligkeiten leistete, ahnte ja niemand. Oder wie Amerell sagte: "Wenn
       jemand ein Drehbuch über das schreibt, würde der Filmproduzent sagen:
       Schmeißt es in die Tonne. Das ist nicht real. Leider Gottes ist es real."
       
       12 Mar 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Hellmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Deutscher Fußballbund (DFB)
       
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