# taz.de -- Geburtstag von IG-Metall-Chef: Sause ohne Sozen
       
       > Am Mittwoch feiert IG-Metall-Chef Berthold Huber im Kanzleramt
       > Geburtstag. Doch kein einziger SPD-Politiker ist eingeladen. Wieso denn
       > bloß?
       
 (IMG) Bild: Party bei Angie: Berthold Huber.
       
       Bei einem Geburtstagsfest ist es interessant, welche Gäste kommen. Aber
       noch aufschlussreicher ist manchmal, wer nicht kommt. Weil er nicht
       eingeladen wurde.
       
       Das Fest, um das es hier geht, wird zu Ehren von Berthold Huber gegeben,
       dem Vorsitzenden der IG Metall. Zu seinem 60. Geburtstag bittet Angela
       Merkel am Mittwoch zum Abendessen ins Kanzleramt. Bundesminister, Bosse und
       Betriebsräte werden dabei sein, aber eine Spezies wird fehlen:
       SPD-Politiker stehen nicht auf der Gästeliste. Dafür, dass etwa SPD-Chef
       Sigmar Gabriel außen vor bleibt, gibt es zwei Erklärungen. Die eine ist
       etwas formalistisch und wird offiziell von den Beteiligten vorgetragen. Die
       andere ist politischer Natur - und man erfährt sie von führenden IG
       Metallern nur, wenn man verspricht, ihren Namen wegzulassen.
       
       Zum Offiziellen: Die Gästeliste sei nicht öffentlich, Merkel und Huber
       hätten sie aber abstimmt, sagt ein Sprecher der Bundesregierung. "Es ist
       ganz üblich, dass die Kanzlerin runde Geburtstage nutzt, um wichtige
       Personen des öffentlichen Lebens zu würdigen und Kontakt zu
       gesellschaftlichen Gruppen zu halten." Der Termin diene dem
       Gedankenaustausch zu aktuellen sozialpolitischen Themen, sagt der Sprecher.
       
       Und er betont: "Die Gäste stammen aus dem inhaltlichen Feld von Herrn
       Huber, ein Posten als Parteifunktionär war bei der Auswahl nicht relevant."
       Auch die IG Metall kommentiert die SPD-Abwesenheit nur indirekt. "Das
       Treffen soll dem Dialog mit der Bundeskanzlerin und Vertretern der
       Bundesregierung dienen", sagt Sprecher Jörg Köther. Mit allen Geladenen
       treffe der IG-Metall-Chef "an seinen verschiedenen Wirkungsstätten
       zusammen" - etwa in Aufsichtsräten oder in der Tarifpolitik.
       
       Dreht man diese Sätze um, so ergibt sich, dass Huber mit SPD-Politikern
       keine relevanten inhaltlichen Felder teilt. Und keine Wirkungsstätten.
       
       Mit Merkel und Huber dinieren werden, das hatte zuerst die Süddeutsche
       Zeitung gemeldet, zum Beispiel die Chefs von Siemens und VW, Peter Löscher
       und Martin Winterkorn, Betriebsräte wie Uwe Hück von Porsche und Klaus
       Franz von Opel - sowie Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und
       Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). Nach offizieller Lesart ist der
       Termin also eine Mischung aus Geburtstags- und Arbeitsessen, bei dem
       Proporz und Parteitaktik nicht zählen.
       
       Die SPD bietet keine Anbindung zur Macht
       
       Die politische Erklärung für die SPD-Absenz ist etwas komplizierter.
       "Natürlich hätte Huber auch einen SPD-Mann wie Gabriel einladen können. Es
       war ihm einfach nicht wichtig. Damit setzt er klar ein Signal an die SPD",
       sagt ein hoher IG Metall-Funktionär. In der großen Koalition funktionierte
       die SPD für die IG Metall und andere Gewerkschaften als Türöffner zur
       Macht. Die Metaller belieferten den damaligen Arbeitsminister Olaf Scholz
       mit Ideen und Details zur Kurzarbeit, sie redeten über führende
       Sozialdemokraten mit, als die Regierung über die Opel-Rettung verhandelte.
       
       Seit der Wahlniederlage im September verlor die SPD für die Gewerkschafter
       nicht nur wegen des Machtverlustes an Bedeutung. Sie tragen ihr nach, dass
       sie so lange nicht auf die Arbeitervertreter gehört hat. "Viele nehmen ihr
       übel, dass sie Einflusszonen so gründlich verschüttet hat", sagt der
       Funktionär.
       
       Hinzu kommt natürlich das Trauma Agenda 2010: Gerade bei den rund 50.000
       Betriebsräten und Vertrauensleuten sitzen die Verletzungen durch Hartz IV
       oder die Rente mit 67 tief, sie mussten sich in Betrieben dafür beschimpfen
       lassen. Diese mittlere Funktionärsebene bildet das Rückgrat der
       Organisation, und sie verzeiht nichts. "In der Schröder-Ära schauten die
       Sozialdemokraten auf uns herab", sagt der Gewerkschaftsfunktionär. "Jetzt
       bemühen sie sich um uns. Doch so leicht ist die IG Metall nicht zu haben."
       Entsprechend gilt vielen Hubers Essen mit der Kanzlerin als Zeichen der
       Stärke.
       
       In der Wirtschaftskrise setzt die IG Metall voll auf die Kooperation mit
       Arbeitgebern und Firmen - und tauscht den Verzicht auf Drohgebärden und
       Lohnaufschläge gegen Arbeitsplatzsicherung. In diesem Modell ist eine
       oppositionelle, nach links rückende SPD überflüssig. "Da spielt sie
       schlicht nicht mit", sagt ein anderer Gewerkschafter.
       
       Es ist schwer, jemanden in der SPD zu finden, der über das Thema reden
       will. Andrea Nahles nicht, Hubertus Heil nicht, Ottmar Schreiner nicht.
       Termingründe. Wer will schon jammern, wenn er nicht eingeladen ist. Anette
       Kramme muss etwas sagen. Die Bundestagsabgeordnete ist seit November 2009
       die Sprecherin der SPD-Fraktion für Arbeit und Soziales - und sie ist
       Mitglied der IG Metall. Auf Vorstandsebene gebe es kein Problem mehr
       zwischen SPD und Gewerkschaften, sagt sie. Nur an der Gewerkschaftsbasis
       sehe es manchmal anders aus. "Hier wirkt nach, dass die SPD-Führung unter
       Kanzler Schröder Dinge wie die Agenda 2010 entschieden hat, ohne die
       Menschen mitzunehmen." Die SPD müsse ihre Positionen bereinigen, stärker
       für soziale Gerechtigkeit eintreten und auf das Empfinden der Menschen
       eingehen, sagt Kramme.
       
       Und das Dinner? "Das hat nichts mit dem Verhältnis von SPD und
       Gewerkschaften zu tun. Wenn Huber beim Dessert den Mindestlohn bekommt,
       sind wir doch alle glücklich." Na dann.
       
       Eine profitiert auf jeden Fall von der Veranstaltung. Angela Merkel. Sie
       setzt die freundliche Annäherung an die Gewerkschaften fort. Und sie zeigt,
       dass sie nicht nur Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann ehrt. Sondern einen
       Arbeiterführer.
       
       12 Mar 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
       
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