# taz.de -- Der Papst und der Missbrauch: Auch in den USA untätig geblieben
       
       > Ein amerikanischer Priester hat in den Siebzigern offenbar bis zu 200
       > gehörlose Jungen missbraucht. Die katholische Kirche reagierte darauf mit
       > Vertuschung. Auch Ratzinger tat nichts.
       
 (IMG) Bild: Hielt Schweigen für besser: Papst Benedikt.
       
       WASHINGTON dpa | Der Vatikan hat nach Angaben der New York Times nichts
       gegen einen amerikanischen Priester unternommen, der bis zu 200 gehörlose
       Jungen sexuell missbraucht haben soll. Auch der damalige Kardinal Joseph
       Ratzinger und heutige Papst Benedikt XVI. sei untätig geblieben, obwohl
       gleich mehrere US-Bischöfe gewarnt hätten, dass die Angelegenheit die
       Kirche in eine peinliche Lage bringen könne, berichtetet die Zeitung.
       
       Die New York Times berief sich dabei auf Dokumente, die sie nach eigenen
       Angaben von Anwälten erhalten hat, die Kläger gegen das Erzbistum von
       Milwaukee (US-Staat Wisconsin) vertreten. Daraus gehe hervor, dass sich
       Kirchenvertreter zwar über die Frage auseinandergesetzt hätten, ob der
       Priester aus seinem Amt entfernt werden solle. Aber der Schutz der Kirche
       vor einem Skandal habe die höchste Priorität gehabt.
       
       Im Mittelpunkt stand nach Angaben der - 1998 gestorbene - Priester Lawrence
       Murphy, der von 1950 bis 1974 in einer bekannten Schule für gehörlose
       Kinder gearbeitet habe. 1996 habe der damalige Kardinal Ratzinger auf zwei
       Briefe des damaligen Erzbischofs von Milwaukee, Rembert G. Weakland, zu dem
       Fall nicht geantwortet, so die New York Times.
       
       Acht Monate später habe Kardinal Tarcisio Bertone aus der vatikanischen
       Glaubenskongregation, die Bischöfe in Wisconsin angewiesen, ein geheimes
       kircheninternes Verfahren einzuleiten, das zur Entfernung Murphys aus dem
       Amt führen könne. Bertone stoppte die Prozedur nach Angaben der Zeitung
       dann aber wieder, nachdem Murphy beim deutschen Kardinal Ratzinger
       schriftlich dagegen protestiert habe.
       
       Murphy argumentierte demnach, er habe bereut, sei krank und der Fall
       außerdem gemäß der Kirchenregeln bereits verjährt. In den ihr vorliegenden
       Unterlagen finde sich keine Antwort Ratzingers, heißt es in der New York
       Times.
       
       Insgesamt wurden nach dem Bericht der Zeitung drei hintereinander
       amtierende Erzbischöfe in Wisconsin über den mutmaßlichen sexuellen
       Missbrauch in Kenntnis gesetzt, jedoch informierter keiner von ihnen die
       Behörden. So sei Murphy auch nie von einem staatlichen Gericht zur
       Rechenschaft gezogen worden.
       
       Erzbischof Weakland habe die Vorwürfe gegen Murphy 1993 von einem besonders
       geschulten Sozialarbeiter untersuchen lassen. Murphy habe ausgesagt, dass
       er etwa 200 Jungen belästigt habe. Er habe aber keine Reue gezeigt.
       
       Der Priester sei 1974 in aller Stille in eine Diözese im nördlichen
       Wisconsin versetzt worden. Dort habe er bis zu seinem Tod weiter in
       Gemeinden, Schulen und - laut einer Klageschrift - im Jugendstrafvollzug
       Umgang mit Kindern und Jugendlichen gehabt.
       
       Vatikansprecher Federico Lombardi nannte es in der Zeitung einen
       "tragischen Fall". Der Vatikan habe erst 1996 von den Vorfällen Kenntnis
       erhalten. Die US-Behörden hätten den Fall untersucht und nicht
       weiterverfolgt.
       
       25 Mar 2010
       
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