# taz.de -- Körperverletzung bei Demo: Rangelei der Klassen
       
       > Ein 45-Jähriger steht wegen Körperverletzung vor Gericht: Bei einer Demo
       > gegen die Schulreform in Hamburg soll er einen Befürworter attackiert
       > haben.
       
 (IMG) Bild: Wollte dem Primarschul-Befürworter die Show nicht gönnen: Ulrich H. greift Thomas E. an.
       
       Mancher nennt es einen Klassenkampf, was da seit einem Jahr um die
       Schulreform in Hamburg tobt und bald in einen Volksentscheid mündet. Vor
       dem Amtsgericht saßen sich nun der Angeklagte Ulrich H. aus den feinen
       Elbvororten im Hamburger Westen, und Nebenkläger Thomas E. gegenüber, ein
       Gebäudereiniger aus dem eher proletarischen Harburg. Der Vorwurf: Bei einer
       Demonstration soll der Reformgegner H. im April 2009 den Gegendemonstranten
       E. attackiert, zu Boden geschubst und verletzt haben. Alles wegen eines
       Schilds, das E. hochhielt: "Unterschicht grüßt Oberschicht - Eure Schule
       wollen wir nicht".
       
       Ein Anruf bei Thomas E.s Anwalt und die Zusage eines überschaubaren
       Schmerzensgeldes hätten den Vorfall aus der Welt schaffen können, die
       Staatsanwaltschaft hätte des Verfahren eingestellt. Doch Ulrich H. ist noch
       im Gerichtssaal davon überzeugt, zu Recht so energisch vorgegangen zu sein.
       Damals hatten rund 4.000 Anhänger der Initiative "Wir wollen lernen" gegen
       die Einführung einer sechsjährigen Primarschule und für den Erhalt der
       Gymnasien ab Klasse 5 demonstriert. Diese Demo war jedoch schon nach
       wenigen Metern von einer Gegendemonstration gestoppt worden.
       
       Ganz alleine postierte sich Thomas E. ins Niemandsland zwischen den beiden
       Umzügen. Ulrich H. war der Schildträger schon zuvor unangenehm aufgefallen:
       Immer wenn der Schauspieler Sky du Mont, prominenter Vertreter der
       Reformgegner-Initiative, den anwesenden Medienvertretern Interviews gab,
       habe sich E. "mit seinem Schild in die Kameras gestellt", beschwert H. sich
       im Gerichtssaal. Nachdem die Polizei nicht eingriff, habe er sich ein Herz
       gefasst. "Ich fühlte mich in meinem Grundrecht auf Demonstration
       eingeschränkt", sagt der 45-Jährige. Er habe "das Schild nur weggezogen"
       und nicht vorgehabt, "das Schild zu stehlen und zu rauben", beteuert H. auf
       Vorhalt. Und geschubst habe er auch nicht. Vielmehr habe sich E. "mit
       schauspielerischem Talent theatralisch auf den Boden fallen lassen".
       
       Thomas E. sagt genau das Gegenteil: "Ich gehe nicht freiwillig zu Boden",
       erklärt der 57-Jährige. H. habe ihn "gepackt, am Arm gegriffen und
       umgestoßen". Dabei hatte sich E. eine Prellung am Arm zugezogen. "Das ging
       ruck zuck."
       
       Diese Schilderung bestätigt auch Bela Rogalla, wissenschaftlicher
       Mitarbeiter der Hamburger Linksfraktion, der den ganzen Vorfall beobachtet
       hatte: Der "Aktiv-Bürger" H. aus dem "Bürgerblock" habe E. "in aggressiver
       Weise geschlagen und zu Boden gerissen", sagt er vor Gericht - und das auch
       noch vor Kindern. Der Angeklagte sei "von sich derartig überzeugt" gewesen,
       so Rogalla, "dass er stehen geblieben ist". Nur deshalb habe ein
       herbeigerufener Polizist ja H.s Personalien aufnehmen können. Mehrere
       Zeugen untermauern diese Version.
       
       Der Prozess wird fortgesetzt.
       
       25 Mar 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai von Appen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Promis
       
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