# taz.de -- Grausames Massaker im Norden Kongos: Mit Äxten und Macheten
       
       > Rebellen der "Widerstandsarmee des Herrn" (LRA) haben im Nordosten des
       > Landes mehr als 300 Menschen mit Äxten und Macheten ermordet.
       
 (IMG) Bild: Margareth Aciro, gefoltert von LRA-Kindersoldaten, in einem Aufnahmezentrum von "World Vision".
       
       NAIROBI taz | Die Hauptstraße in Tapili im Nordosten der Demokratischen
       Republik Kongo ist ein schmaler Lehmpfad, der rechts und links vom dichten
       Regenwald des Kongobeckens begrenzt wird. Straßen in den Rest des Landes
       gibt es hier ebenso wenig wie Strom oder ein Mobilfunknetz. So abgelegen
       ist die Region, dass erst nach mehr als drei Monaten eines der schlimmsten
       Massaker in der von jahrzehntelangem Bürgerkrieg gezeichneten Region
       bekannt geworden ist.
       
       "Aus dem Busch kamen gut zwanzig Männer und haben behauptet, sie seien
       Soldaten der kongolesischen Armee", erinnert sich der Dorfpfarrer von
       Tapili, Joseph Nzala. "Sie sagten, sie wollten unsere Schule und Kirche
       beschützen." Doch bei den vermeintlichen Beschützern handelte es sich in
       Wirklichkeit um Kämpfer der brutalsten Rebellenarmee Afrikas: die
       "Widerstandsarmee des Herrn" (LRA), die ursprünglich aus Nord-Uganda stammt
       und von dem selbsternannten Propheten und gesuchten Kriegsverbrecher Joseph
       Kony geleitet wird.
       
       Ein Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW)
       beschreibt das Blutbad, das sich in Tapili abspielte, nachdem die Rebellen
       sich zu erkennen gaben: Die Männer töteten hunderte Bewohner mit Äxten und
       Macheten, meist mit einem einzigen Schlag, berichten Augenzeugen. Jungen
       und Mädchen wurden gefesselt und entführt: Die Jungen werden in der
       23-jährigen Tradition der LRA zu Kindersoldaten ausgebildet, die Mädchen
       als Sexsklavinnen missbraucht.
       
       Manche Erwachsenen konnten fliehen, andere wurden als Träger rekrutiert, um
       benachbarte Dörfer heimzusuchen. In den kommenden fünf Tagen wiederholte
       sich das Grauen von Tapili immer und immer wieder. Nach jedem Überfall,
       berichtet der 17-jährige Jean-Claude Singbatile, wurden willkürlich
       entführte Träger ermordet. Er selbst konnte fliehen, weil ihm ein Rebell,
       der seiner Ethnie angehört, die Gelegenheit dazu gab. Adam Matsaga, der in
       der Region eine Menschenrechtsgruppe leitet, hat Buch über die Toten
       geführt. 321 hat er gezählt, unter ihnen Merci Zunane, drei Jahre alt. Doch
       Matsaga und andere halten es für möglich, dass die Zahl der im Urwald
       verscharrten Opfer um einige hundert höher liegt.
       
       Noch vor wenigen Monaten hatten ugandische Militärsprecher behauptet, die
       LRA sei "so gut wie ausradiert". "Aber das Massaker von Tapili zeigt, dass
       die LRA nach wie vor handlungsfähig ist", warnt die HRW-Koordinatorin
       Anneke van Woudenberg. Die von den USA unterstützte gemeinsame Offensive
       von ugandischer, kongolesischer und südsudanesischer Armee hat die LRA
       nicht besiegt. Aber die waidwunden Rebellen, die aus Not in Tapili selbst
       blutige T-Shirts gestohlen haben, haben das Leben der Menschen im
       entlegenen Grenzgebiet von Kongo, Zentralafrikanischer Republik und
       Südsudan zur Hölle gemacht.
       
       Van Woudenberg fordert eine neue Strategie gegen die LRA, an der auch die
       UN-Truppen im Kongo beteiligt sein sollen. "Die UN-Präsenz im Norden Kongos
       muss verstärkt werden", so die Menschenrechtlerin. Würden die UN-Truppen
       wie von Kongos Regierung gewünscht abziehen, wäre ein unglaubliches Chaos
       die Folge. Die kongolesische Armee sei nicht imstande, Frieden und
       Stabilität zu garantieren. "Dann geht das Morden richtig los."
       
       29 Mar 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marc Engelhardt
       
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