# taz.de -- 100 Jahre Odenwaldschule: Belastetes Jubiläum
> Angesichts des Missbrauchsskandals wird der 100. Geburtstag der
> Odenwaldschule anders als geplant.
(IMG) Bild: "Nachdem dann das Thema in der Öffentlichkeit aufgegriffen wurde, war aber klar, dass es ohne einen Auftakt zum Missbrauch nicht geht", so die Leiterin Kaufmann.
BERLIN taz Die Odenwaldschule hat ihre Planungen für die Jubiläumsfeier in
zehn Tagen angesichts der Missbrauchsfälle an der Schule umgestellt. Neben
der Ausstellung zur Geschichte des Internats in Südhessen wird es eine
Podiumsdiskussion zum Thema Missbrauch geben. "Wir haben bereits vor
mehreren Wochen darüber nachgedacht, die Missbrauchsfälle bei der Feier zu
thematisieren, bevor das alles öffentlich wurde", sagte Margarita Kaufmann,
Leiterin der Schule, der taz.
Im Vorfeld habe es Streit zwischen Schulleitung und ehemaligem Vorstand
gegeben, inwieweit die Missbrauchsfälle in der Ausstellung und der
Festschrift zum Jubiläum thematisiert werden sollen. "Nachdem dann das
Thema in der Öffentlichkeit aufgegriffen wurde, war aber klar, dass es ohne
einen Auftakt zum Missbrauch nicht geht", sagte Kaufmann.
Unter dem Titel "Leben und Lernen nach dem Missbrauch" werden ehemalige
Schüler der Schule, Lehrer, Eltern und die Anwältin, die von der Schule
beauftragt ist, die Missbrauchsfälle aufzuklären, am Freitag, 16. April,
bei einer Podiumsdiskussion darüber sprechen, was für Lehren aus der
Vergangenheit zu ziehen sind. "Es geht nicht darum, Opfer vorzustellen",
sagte Kaufmann. Im Anschluss an die Veranstaltung soll es eine Gedenkfeier
geben. Am Samstag, 17. April, wird die Ausstellung 100 Jahre Odenwaldschule
im Kurfürstensaal des Kurmainzer Amtshofs in Heppenheim eröffnet - auch sie
wird die Missbrauchsfälle mit einer Chronologie und Briefen dokumentieren.
In einer Festwoche zum Jubiläum im Sommer soll es einen Ort der Stille
geben und eventuell Räume für die ehemaligen Wohngruppen, die "Familien",
um ihre Geschichte zu rekonstruieren. "Wir sind da noch in der Planung",
sagte Kaufmann.
Unterdessen hat Thorsten Kahl, ein Anwalt der Missbrauchsopfer, mehr
Aufklärungsarbeit von der Schule gefordert. Er habe Hinweise von ehemaligen
Schülern, dass es noch bis in die jüngere Vergangenheit Missbrauch von
Lehrern an Schülern gegeben habe, meldete die dpa am Donnerstag.
Hessens stellvertretender Ministerpräsident Jörg Uwe Hahn (FDP) hat laut
der Nachrichtenagentur AFP SPD und Grünen vorgeworfen, in den 1980er- und
90er-Jahren ein Klima geschaffen zu haben, "das erst den Boden für solche
Vorkommnisse bereitet hat". Sie seien deshalb verantwortlich, dass es zu
Misshandlungen an Schülern habe kommen können.
BOE
8 Apr 2010
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