# taz.de -- Enquetekommission Internet: Parteien angeln sich Internetexperten
       
       > Die Politik hat das Internet jahrelang verschlafen. Jetzt soll eine
       > Kommission Versäumtes nachholen. Als Sachverständige haben sich die
       > Fraktionen die Helden der Netzwelt ins Boot geholt.
       
 (IMG) Bild: Das Thema Internet ist an der Politik vorbeigegangen, wenn nicht sogar das Lebensgefühl einer ganzen Generation.
       
       BERLIN tazSpätestens seit die Piratenpartei bei der Bundestagswahl 850.000
       Stimmen bekommen hat, ist den etablierten Parteien klar: Das Thema Internet
       ist an ihnen vorbeigegangen, wenn nicht sogar das Lebensgefühl einer ganzen
       Generation.
       
       Das soll sich nun ändern. Nächste Woche soll sich zum ersten Mal die vom
       Bundestag eingesetzte Enquetekommission "Internet und digitale
       Gesellschaft" treffen. Ziel: Antworten finden auf die "politischen Fragen
       der Digitalisierung".
       
       Auffällig ist, dass sich alle Fraktionen Helden der Netzwelt als
       ExpertInnen gesichert haben. Die Linksfraktion hat Constanze Kurz vom Chaos
       Computer Club als Sachverständige benannt. Der FDP ist der Aktivist und
       Künstler "padeluun" ins Netz gegangen, dessen Verein FoeBuD gerade in
       Karlsruhe eine Massenbeschwerde gegen die Arbeitnehmerdatenbank "Elena"
       eingereicht hat. Und die Grünen konnten Markus Beckedahl, Betreiber des
       einflussreichen Portals netzpolitik.org, für sich gewinnen. "Viele
       Fraktionen haben offensichtlich das Gefühl, eine Entwicklung verschlafen zu
       haben", sagt Konstantin von Notz, netzpolitischer Sprecher der Grünen im
       Bundestag.
       
       Selbst die Union hat neben Vertretern der Musikindustrie und
       Internetwirtschaft eine Twitter-Expertin für die Kommission benannt. Die
       SPD hat als einzige Fraktion ihre Experten noch nicht bekannt gegeben. Als
       sicher gilt aber, dass unter ihnen Alvar Freude vom Arbeitskreis gegen
       Internetsperren und Zensur sein wird ("AK Zensur"). Somit werden in der
       Enquete mindestens 7 von 17 Sachverständigen Vertreter der
       Internet-Community sein, dazu kommen 17 Bundestagsabgeordnete.
       
       Auch außerhalb der Enquete suchen Politiker zurzeit verstärkt die Nähe zur
       Netzwelt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich schon
       zweimal mit Vertretern der Internet-Community zusammengesetzt, zwei weitere
       Treffen sind geplant. Die SPD wiederum hat einen "Gesprächskreis
       Netzpolitik" gegründet. Doch so viel Nähe zur Politik ruft auch Kritiker
       auf den Plan. Blogger Felix von Leitner ("Fefe") beurteilt die
       Internet-Enquete so: "Das ist ein Knochen, den sie der Netzgemeinde
       hinwerfen, damit wir endlich die Klappe halten, weil wir ja jetzt vertreten
       werden."
       
       Tatsächlich ist völlig offen, was sich nach zwei Jahren Kommissionsarbeit
       konkret ändern kann. Enquetekommissionen können lediglich politische
       Handlungsempfehlungen erarbeiten. Der Abschlussbericht wird nicht vor
       Sommer 2012 herausgegeben. "Die Internet-Enquete ist eine große Chance, und
       trotzdem sind meine Hoffnungen gedämpft", sagt denn auch Grünenpolitiker
       von Notz, der einer der 17 Bundestagsabgeordneten in dem Gremium sein wird.
       "Enquetekommissionen können Themen auch verhungern lassen."
       
       11 Apr 2010
       
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