# taz.de -- Versteigerung G4-Mobilfunk-Frequenzen: Schnelles Internet und Elektrosmog
       
       > Deutschland versteigert ab heute Frequenzen für besonders schnelles
       > mobiles Internet. Umweltschützer beklagen mangelnden Schutz vor den
       > Feldern der neuen Sender.
       
 (IMG) Bild: Mobilfunk, derzeit neuester Stand.
       
       MAINZ dpa/afp | In Deutschland beginnt am heutigen Montag eine Auktion der
       Bundesnetzagentur von Frequenzen für den Mobilfunk der vierten Generation
       (4G). Dabei werden auch die Bereiche vergeben, die durch die
       Digitalisierung des Antennenfernsehens frei geworden sind. Diese
       Wellenlänge eignet sich besonders, um ländliche Gebiete mit schnellem
       Internet zu versorgen. Die neue Technik bietet deutlich schnelleres
       Internet als die bisherigen Handynetze, aber auch als DSL- oder
       Kabelanschlüsse.
       
       Bei der bislang größten Versteigerung von Funkfrequenzen sind in Mainz nur
       die vier Mobilfunkbetreiber T-Mobile, Vodafone, E-Plus und Telefónica O2
       zugelassen. Experten rechnen mit Versteigerungserlösen im einstelligen
       Milliarden-Bereich. Vor zehn Jahren hatten sechs Bieter bei der
       spektakulären UMTS-Auktion vor dem Hintergrund der Euphorie in der
       Telekommunikation- und Internetbranche mehr als 50 Milliarden Euro in die
       Staatskasse gespült.
       
       Umweltschützer kritisierten derweil den geplanten massiven Ausbau der
       Mobilfunknetze. Vor allem in ländlichen Regionen, wo es an leistungsfähigen
       Glasfaserkabeln mangele, sei mit erhöhten Elektrosmog-Belastungen zu
       rechnen, erklärte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) am
       Sonntag. "Um mögliche Umwelt- und Gesundheitsschäden zu vermeiden, dürfen
       die Funknetze nicht weiter ausgebaut werden", forderte der
       BUND-Mobilfunkexperte Bernd Rainer Müller. "Stattdessen müssen
       immissionsarme Kommunikationstechnologien entwickelt werden, die solche
       Schäden ausschließen."
       
       Eine Reihe von Studien habe gezeigt, dass die Mobilfunkstrahlung Menschen,
       Tieren und Pflanzen schade, erklärte der BUND. Beim Menschen seien
       Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Erschöpfungszustände beobachtet worden.
       Bienen, Brieftauben oder Fledermäuse verlören teilweise ihre Orientierung.
       Die Organisation forderte, mindestens ein Prozent des laut BUND erwarteten
       Versteigerungserlöses von fünf bis sechs Milliarden Euro zur Erforschung
       der Gesundheits- und Umweltfolgen von Mobilfunkanwendungen einzusetzen.
       
       Deutschland macht den Auftakt 
       
       Diesmal kommen in Mainz Funkfrequenzen in einem Volumen von 360 Megahertz
       unter den Hammer. Dabei ist Deutschland das erste Land in Europa, das ein
       solches Frequenzpaket in einer Versteigerung auf den Tisch gelegt hat.
       Darunter befinden sich auch Frequenzen aus dem Bereich 800 Megahertz, die
       durch die Umstellung des Rundfunks auf die Digitaltechnik frei geworden
       sind.
       
       Diese Frequenzen sind unter den vier Bietern deshalb so begehrt, weil die
       Kosten zum Ausbau des Netzes wegen der größeren Funkreichweiten reduziert
       werden können. Den Erwerbern hat die Bundesnetzagentur aber die Vorgabe
       gemacht, dass zuerst in unterversorgten ländlichen Gebieten schnelle Netze
       aufgebaut werden müssen. Im Vorfeld der Auktion hatte es unter anderem von
       E-Plus und O2 Telefónica Klagen wegen der Auktionsregeln gegeben. Die
       Unternehmen fühlen sich in der Versteigerung gegenüber den großen
       Betreibern T- Mobile und Vodafone, die rund 70 Prozent des Marktes in
       Deutschland beherrschen, benachteiligt. Die Klagen wurden abgewiesen.
       
       Wer bei G4 vorn ist, gewinnt die meisten Kunden 
       
       Nach Einschätzung des Präsidenten der Bundesnetzagentur Matthias Kurth
       könnte die Versteigerung den deutschen Mobilfunkmarkt grundlegend
       verändern. Derjenige, der für das mobile Internet als Erster das beste und
       schnellste Netz baue, werde auch die meisten Kunden gewinnen oder abwerben,
       sagte er in einem Gespräch mit der Welt am Sonntag. Die Bundesnetzagentur
       versteigert die Frequenzen, obwohl mehrere Unternehmen und Organisationen
       dagegen klagen, darunter auch einige Rundfunkgesellschaften.
       
       Kurth verteidigte dieses Vorgehen. "Wir dürfen uns doch nicht erpressbar
       machen", sagte er. Es könne nicht mit jeder beliebigen Klage die Vergabe
       wichtiger Frequenzen, an denen die Zukunft der gesamten Volkswirtschaft
       hänge, durch angebliche, zweifelhafte Ansprüche Einzelner blockiert werden.
       
       In Deutschland gibt es laut BUND derzeit rund 260.000 große
       Mobilfunk-Sendeanlagen und rund zwei Millionen kleinere Sendeanlagen. Hinzu
       kommen rund 100 Millionen Mobiltelefone sowie etwa 50 Millionen häusliche
       Sender wie Wireless Lan (WLAN), Schnurlos-Telefone und Anlagen zur Daten-
       und Videoübertragung.
       
       Lediglich für fest installierte Sendeanlagen existierten Grenzwerte gemäß
       Bundesimmissionsschutzverordnung für elektromagnetische Felder. Die in der
       Europäischen Union geltenden Grenzwerte für Elektrosmog aus
       Mobilfunkanlagen halte auch das EU-Parlament für unzureichend, betonen die
       Umweltschützer. Außerdem fehlten Schutzmaßnahmen für die Anwohner der
       Sendestationen.
       
       12 Apr 2010
       
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