# taz.de -- Bloggertreffen re:publica: Nicht nur für Nerds
> Auf der re:publica in Berlin treffen sich 2.500 deutsche und
> internationale Blogger und Netzaktivisten. Und diskutieren über Themen,
> die nicht nur für Nerds von Belang sind.
(IMG) Bild: Hoffentlich genug Akko-Power dabei - Besucher der re:publica.
BERLIN taz | "Als wir vor vier Jahren gestartet sind, dachten viele, das
Internet würde wieder weggehen", sagt Markus Beckedahl, Gründer und
Organisator der re:publica. "Und jetzt ist es immer noch da", fügt er hinzu
und grinst. Grund zum Freuen hat der 33-Jährige allemal, ist doch seine
re:publica, die noch bis Freitag in Berlin läuft, zu einem der wichtigsten
Netztreffen in Deutschland avanciert.
Diesmal sind 2.500 Besucher gekommen. Internationale Szenegrößen wie der
US-Autor Jeff Jarvis, der mit seinen Arbeiten zu Google bekannt geworden
ist, der New Yorker Professor Tim Wu und der ehemalige Sprecher von
Piratebay, Peter Sunde, schlendern neben unbekannten deutschen Bloggern
über die Flure des Berliner Friedrichstadtpalastes.
Größer ist die Konferenz über die Jahre geworden, sie genießt mehr
Beachtung und wird üppiger gesponsert. Von Google etwa, von IBM oder Kodak.
In ihren ersten Jahren war die re:publica vor allem eine Bloggerkonferenz;
ein Treffen, auf dem die Angehörigen der deutschen Blogosphäre miteinander
ins Gespräch kamen. Anfangs redete man darüber, ob man die klassischen
Medienblogs ernster nehmen sollte, über Vorratsdatenspeicherung, über die
Zukunft sozialer Netzwerke. Darum wurde die re:publica von vielen als
Szenetreffen abgetan.
"Wir waren am Anfang selbstreferenziell", gibt Beckedahl zu. Und verweist
nun stolz darauf, dass sich das geändert habe und in diesem Jahr Referenten
aus über 30 Ländern auftreten würden. Auch das Themenspektrum der Konferenz
und der 165 angemeldeten Veranstaltungen ist in diesem Jahr noch einmal
größer geworden. Eine ganze Reihe von Panels widmen sich dem sperrigen
Thema Netzneutralität. Experten aus den USA und Europa sprechen über das
Anti-Piraterie-Abkommen Acta, es geht um die Pläne der EU,
Three-Strikes-Maßnahmen gegen Filesharer zu etablieren, um das Überprüfen
von Datenpaketen auf ihre Inhalte und natürlich um Meinungsfreiheit.
Dieses Thema spielt eine große Rolle auf der re:publica: Twittern im Iran,
googeln in China, bloggen in Weißrussland - die re:publica bietet auch den
Netzaktivisten ein Forum, die aus Ländern kommen, in denen es mit der
freien Meinungsäußerung nicht sehr weit her ist, umso mehr aber mit Zensur
und Repressionen.
Auf einigen Panels wird für Privatheit und Datenschutz gestritten, auf
anderen argumentiert, es sei asozial, persönliche Daten für sich zu
behalten. Oder man solle möglichst viele Privatdaten publizieren, um
unangreifbar zu werden. Und immer wieder geht es darum, wie staatliche
Daten offengelegt werden können, um mehr Transparenz herzustellen.
"Netzthemen wirken inzwischen stärker in die Gesellschaft hinein", sagt
Veranstalter Beckedahl, wenn man ihn nach einer Erklärung fragt, warum die
re:publica heute auch über netzaffine Kreise hinaus immer mehr
Aufmerksamkeit bekommt.
Am ersten Tag wurde ein Referent gefeiert, den kaum einer für einen
Starredner gehalten hätte: Peter Kruse, Professor für
Organisationspsychologie in Bremen. Er sprach über den Einfluss von
Netzwerken auf Politik und Gesellschaft, präsentierte seine Studie, die zu
dem Befund kommt, dass die Wertschätzung des Web 2.0 und seiner
Kommunikationsmöglichkeiten sich fundamental unterscheiden - je nachdem, ob
man das Netz nur nutzt oder es aktiv gestaltet.
Dieser Vortrag habe ihm einen "intellektuellen Kick gegeben", sagt der
Unternehmensberater, Blogger und ehemalige Handelsblatt-Redakteur Thomas
Knüwer. "Kruse hat da etwas präsentiert, was man immer schon wahrnimmt.
Aber jetzt kann ich Unternehmen gegenüber auch sagen: Dazu gibt es auch
eine Studie." Knüwer ist zum vierten Mal auf der re:publica. Er kommt gern,
weil es hier Netzpolitisches, Vorträge über ausländischen Aktivismus gibt,
anders als auf anderen, stärker wirtschaftlich orientierten
Netzkonferenzen.
Ein weiterer Grund für die Beliebtheit der Konferenz in Netzkreisen: Trotz
großer Namen und der Fülle der Veranstaltungen hat die re:publica sich
ihren lockeren Charme erhalten können. So duzt man sich weiterhin auf den
Gängen, quatscht völlig Unbekannte von der Seite an. Und und es gibt
wundervoll alberne Veranstaltungen wie "Twitterlesungen" und Vorträge mit
Titeln wie "Wie man im Internet nichts lernt". Außerdem gibt es auf der
ausufernden Konferenz auch Raum für Spezialthemen wie digitales Lernen in
der Schule oder Veranstaltungen zu Modeblogs und Augmented Reality Games,
also Spiele, die reale und digitale Welt miteinander verschmelzen lassen.
Doch schon am ersten Konferenztag wurde auch Murren laut: Es wurde darüber
gemosert, dass eine Veranstaltung über Bezahlinhalte im Netz sich zur
Firmenpräsentation eines Werbevermarkters auswuchs. Unternehmensberater
Knüwer sieht den Umgang mit den Konferenzsponsoren allerdings pragmatisch:
"Es gibt Sponsoren, die kreativ mit Gesprächsmöglichkeiten umgehen, andere
nicht", findet er.
Von der re:publica als Nabelschau der Szene will allerdings auch Knüwer
nicht sprechen. Ihn nervt diese mediale Darstellung. "Die Szene trifft sich
- das sagt doch auch keiner über den Ärztetag!"
16 Apr 2010
## AUTOREN
(DIR) Meike Laaff
## TAGS
(DIR) Schule
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