# taz.de -- Angst ums Auto: Wer Kinder hat, fährt lieber aufs Land
       
       > Am Samstag wollen die Nazis durch den Bionade-Boheme-Kiez ziehen. Die
       > Anwohner reagieren darauf sehr verschieden: Die einen wollen flüchten,
       > die anderen an der Blockade teilnehmen.
       
 (IMG) Bild: Heilix Blechle. Am 1. Mai verlassen die Schwaben den Prenzlauer Berg tatsächlich
       
       Nächste Station: Bornholmer Straße. Ausstieg: rechts. Hier wollen sich am
       Samstagmittag angeblich bis zu 3.000 Rechtsextreme versammeln, um durch den
       Prenzlauer Berg zu marschieren. Nicht alle Anwohner wissen davon. "Am
       Samstag? Was ist denn am Samstag?" Marion Müller und Thomas Manegold stehen
       vor ihrem Literaturcafé auf der Bornholmer Straße und beratschlagen, was
       sie machen werden: Rollläden runter, Autos umparken, ignorieren. "Wenn sich
       keiner deren Botschaft anhört, dann kommen die auch nicht wieder", glaubt
       Manegold.
       
       Andreas Rabe sieht das anders. Er arbeitet in einem kleinen An- und Verkauf
       auf der Bornholmer und kennt die geplante Route: "Wenn es hier zu
       irgendwelchen Rangeleien kommt, würden wir uns nichts bieten lassen." In
       den 80ern war er in der Kreuzberger Szene aktiv. "Aber heute mach ich da
       nicht mehr mit, die Gewaltbereitschaft ist mir zu groß geworden." Am
       Samstag will Rabe aber auf jeden Fall am Laden sein, sich "vielleicht von
       den Aktionen inspirieren lassen".
       
       An der Ecke Schönhauser Allee schimpft der Kellner aus dem italienischen
       Restaurant: "Wenns kracht, dann hier! Ein normaler Tag wird das nicht, aber
       wir öffnen trotzdem." In der Wichertstraße hastet Magdalena Schulke vom
       Kindergarten nach Hause. Die zweifache Mutter hat von der Nazi-Demo noch
       nichts gehört. "Das ist schockierend. Ich hab die live noch nie gesehen,
       nur im Fernsehen.Vielleicht gehe ich raus, um zu zeigen, ich bin dagegen."
       
       Am Kollwitzplatz ist Claudia Kern mit ihren Kindern. "Das wollte ich
       eigentlich auch am Samstag machen", sagt sie. "Aber das Erste, was man
       denkt, ist doch: Was mach ich mit den Kindern, dem Auto." Kern fährt nun
       mit den Kindern zu den Schwiegereltern, ihr Mann wird zur Gegendemo gehen.
       Auch Joachim Trapp und sein Sohn werden nicht in Berlin sein. "Wie das in
       Dresden lief, dass ganz normale Leute auf die Straße gegangen sind, das
       fand ich gut. Aber hier eskaliert es doch immer gleich. Da überlegt man
       sich zweimal, gerade mit Kindern, ob man auf die Straße geht."
       
       Ein Stück fernab von der Route, auf dem Helmholtzplatz, kicken Bob Senrich
       und Ben Stein in der Sonne. Die beiden sind Mitte fünfzig und kennen
       Prenzlauer Berg seit vielen Jahren. "Hier wird es keinen großen Protest
       geben", vermutet Stein, "das hat sich alles verändert hier." Senrich ist
       optimistischer: "Ach doch, es gibt schon noch einige, die aufmucken
       werden."
       
       Auch Sabine Caroline sitzt in der Sonne am Helmholtzplatz und hat sich ihre
       Gedanken über die Nazis gemacht. Die Mittvierzigerin hat einen Blumenladen
       auf der Prenzlauer Allee, ist erst vor kurzem aus Köln her gezogen. "Dort
       habe ich immer bei Antifa-Protesten mitgemacht. Im vorigen Jahr, als die
       europäischen Neonazis nach Köln eingeladen wurden, haben die Demonstranten
       sie daran gehindert, in die Stadt einzudringen. Weil wir damals so
       erfolgreich waren, werde ich mich auch jetzt beteiligen. Der Laden bleibt
       zu."
       
       Ein Stückchen weiter in der Grellstraße ist die 50-jährige Verkäuferin
       einer Bäckerei ganz erstaunt, dass die Nazis hier vorbeiziehen sollen: "Die
       waren doch noch nie hier!" Die Bäckerei wird trotzdem bis 13 Uhr am Samstag
       öffnen. "Hoffentlich bleiben unsere Schaufenster stehen!"
       
       An der geplanten Endstation der Nazi-Demo, am S-Bahnhof Landsberger Allee,
       hat Satan Memhmt eine Pizzeria. "Ich bekomme schon Angst, wenn ich nur
       daran denke, dass die Nazis hier vorbeikommen", sagt die 38-Jährige. Ihren
       Laden macht sie am 1. Mai aber doch nicht zu. Vielleicht, hofft sie, klappt
       ja die Blockade und die Nazis kommen gar nicht bis hierher.
       
       taz.de berichtet Freitag ab 17 Uhr und Samstag den ganzen Tag im LIVETICKER
       von den Demos in Berlin, Hamburg und Rostock.
       
       30 Apr 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Manuela Heim
 (DIR) Andreea Oance
       
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