# taz.de -- Neonazis in Berlin blockiert: Fünf Stunden für 150 Meter
       
       > In Berlin haben tausende Menschen im Bezirk Prenzlauer Berg eine Demo von
       > 600 Neonazis verhindern können. Nach einem 150-Meter-Marsch schickte die
       > Polizei die Rechten zurück.
       
 (IMG) Bild: Auch der Vizepräsident des Bundestags, Wolfgang Thierse, machte bei der Sitzblockade gegen die Neonazis mit.
       
       BERLIN dpa | "Darf ich ihnen helfen?", fragt der Polizist noch freundlich,
       dann greift er Wolfgang Thierse am Arm und zieht ihn von der Straße. Selbst
       der Vizepräsident des Bundestags konnte mit seiner Sitzblockade nicht
       verhindern, dass 600 Neonazis am 1. Mai durch Berlin marschierten - wenn
       auch nur knapp 150 Meter. Aber die NPD-Anhänger mussten unter dem geballten
       Protest tausender friedlicher Gegendemonstranten ihre Pläne kräftig
       stutzen.
       
       Im zähen Schneckentempo schafften die kahlrasierten Männer gerade einmal
       einen Bruchteil der geplanten Strecke, dann entschied die Polizei:
       Umkehren. Das war alles andere als die ersehnte Revanche für Dresden, wo
       Gegendemonstranten im Februar mehr als 6.000 Neonazis in der Kälte
       stundenlang auf einem Bahnhofsplatz festgesetzt hatten.
       
       Über den Blockade-Aufruf des Bündnisses "1. Mai nazifrei" hatte es im
       Vorfeld des Berliner Aufmarsches lange Diskussionen gegeben. Die Polizei
       machte klar: Sie muss den Neonazis zu ihrem Recht einer angemeldeten
       Demonstration verhelfen. Doch gegen diese Masse von Gegnern - das Bündnis
       spricht von 10.000 - will die Polizei nach aufreibenden Stunden aus
       Sicherheitsgründen nicht mehr vorgehen.
       
       Auch Thierse - qua Amt der Vertreter des zweithöchsten Repräsentanten der
       Republik - macht seinen Standpunkt gleich zu Beginn der Demonstration klar:
       Die Bürger hätten ein Recht, ihre Straße zu verteidigen, sagte er und trägt
       ein Transparent "Berlin gegen Nazis".
       
       Der Einsatz des 66-Jährigen hat seinen Grund: Die Nazis marschieren nur
       wenige Blocks von seiner Wohnung im Prenzlauer Berg entfernt, der Stadtteil
       liegt in Thierses Wahlkreis. Das Szeneviertel ist alles andere als einen
       Nazi-Hochburg. "Wir haben hier einen schwierigen Einsatz", sagt
       Polizeisprecher Frank Millert zu Beginn des Aufzugs und verweist auch auf
       die Anwohner, die er als bürgerlich, liberal und links charakterisiert.
       
       Auf den Balkonen entlang der Bornholmer Straße lässt sich besichtigen, wie
       wenig sie von den Rechtsextremen halten: Sie drehen ihre Stereo-Anlagen
       auf, schlagen auf Töpfe und Kuhglocken, um die Demonstration zu übertönen.
       "No Nazis" und "Nie mehr Faschismus", steht auf zahlreichen Transparenten
       an Balkonen.
       
       Den (Teil)-Erfolg des linken Bündnisses haben sich die Rechtsextremen aber
       auch selbst eingebrockt. Statt der erwarteten 3.000 Neonazis kamen nur 600
       und die ließen auch noch Stunden auf sich warten - und gaben so den
       Gegendemonstranten genügend Zeit, die Straßen rund um die Route dicht zu
       machen. Dass am Samstag zeitgleich auch Rechtsextreme in Würzburg,
       Schweinfurt, Erfurt, Zwickau und Rostock auf die Straße gingen und in
       Berlin 250 noch einen Ausflug zum Kurfürstendamm machten, zeigt, dass die
       Szene entweder ziemlich kopflos ist - oder dass sich die NPD-Anhänger
       gewaltig überschätzt haben.
       
       1 May 2010
       
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