# taz.de -- Proteste gegen Sparpläne: Ausschreitungen vor Athener Parlament
       
       > Zusammen mit dem Gesetz für die deutsche Griechenland-Hilfe will die
       > Koalition einen Vorsichtsmaßnahmen-Katalog der Koalition im Bundestag
       > verabschieden. In Griechenland gehen die Proteste weiter.
       
 (IMG) Bild: Auf der Akropolis hängten Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft PAME zwei große Transparente auf: "Völker Europas erhebt Euch - Peoples of Europe rise up".
       
       BERLIN/ATHEN dpa | Die Koalition will mit härteren Vorsichtsmaßnahmen und
       strengeren Kontrollen für den gesamten Euro- Raum Finanzkrisen künftig
       vermeiden. Dazu soll gemeinsam mit der Opposition ein Forderungskatalog an
       die EU erarbeitet werden, kündigten die Unions- und
       FPD-Fraktionsvorsitzenden, Volker Kauder und Birgit Homburger, am Dienstag
       in Berlin an.
       
       Das Papier soll bereits an diesem Freitag im Bundestag zusammen mit dem
       Gesetz für die deutsche Griechenland-Hilfe verabschiedet werden. In
       Griechenland weiten sich derweil die Proteste gegen das Sparprogramm zur
       Rettung des Landes aus.
       
       Aufgebrachte arbeitslose Lehrer haben sich nach einer zunächst friedlichen
       Demonstration gegen das Sparprogramm der Regierung Ausschreitungen mit der
       Polizei geliefert. Rund 100 Lehrer versuchten Absperrungen zu durchbrechen
       und bis zum Eingang des Parlamentsgebäudes vorzudringen. Sie bewarfen die
       Polizei mit Flaschen und Steinen. Die Beamten setzten Tränengas ein, um die
       Randalierer auseinander zu treiben, wie Augenzeugen berichteten. Die Lage
       beruhigte sich aber wieder relativ rasch.
       
       Aus Protest gegen das rigorose Sparpaket zur Rettung des Landes vor dem
       Bankrott gab es am Dienstag vielerorts Streiks. Viele Staatsbedienstete
       legten die Arbeit nieder: Ministerien, Steuerämter und alle anderen
       Behörden waren deswegen unterbesetzt. Viele Schulen blieben geschlossen.
       
       Kauder sagte nach einem Treffen der Koalitionsspitzen, bei Verstößen gegen
       die im EU-Vertrag vorgeschriebene Verschuldung sollten künftig Stimmrechte
       versagt und Leistungen gekürzt werden. FDP-Fraktionschefin Homburger fügte
       hinzu: "Wir müssen jetzt von der Krisenbewältigung zu Krisenprävention
       kommen." CDU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich wies darauf hin, dass
       dazu alle Euro-Staaten mitmachen müssten.
       
       Nach dem Willen von Union und FDP muss die EU-Kommission schneller und
       besser Einblick in die Haushaltsverfahren der einzelnen Länder bekommen.
       Außerdem solle künftig eine geordnetes Insolvenzverfahren für verschuldete
       Staaten möglich sein. Der Finanzsektor solle durch Steuern und Abgaben
       beteiligt werden. Die Koalition verlangt auch eine eigenständige
       europäische Rating-Agentur.
       
       FDP-Chef Guido Westerwelle forderte nach Angaben aus Teilnehmerkreisen in
       der Sitzung eine Neuordnung der Finanzmärkte. Dabei zog der Außenminister
       einen Vergleich zur Reform-"Agenda 2010". Diese habe nur von Rot-Grün
       durchgesetzt werden können. Eine Neuordnung der Finanzmärkte sei nun nur
       durch die "bürgerlichen Parteien" möglich. Westerwelle sprach von einer
       "Agenda 2020, mit der Exzesse an den Finanzmärkten wieder an die Kette
       gelegt werden" sollten.
       
       Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kam unterdessen mit Vertretern der
       deutschen Banken zusammen, um über deren Beteiligung an den Hilfen zu
       sprechen. An dem Gespräch nahmen unter anderem Deutsche-Bank-Chef Josef
       Ackermann, Bundesbank-Präsident Axel Weber und der Chef der Finanzaufsicht
       BaFin, Jochen Sanio, teil. Nach ersten Probeabstimmungen kann die Koalition
       mit einer klaren Mehrheit für das Gesetz rechnen. Bei Sondersitzungen von
       Union und FDP gab es am Montagabend insgesamt zehn Gegenstimmen und 15
       Enthaltungen. "Natürlich ist da keine Euphorie", sagte Kauder. "Aber es war
       ganz klar zu spüren, dass die Fraktion um die Verantwortung weiß." Die
       SPD-Fraktion will erst am Donnerstag über ihre Haltung entscheiden.
       Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann forderte Kanzlerin Angela Merkel
       (CDU) auf, die Vertrauensfrage zu stellen.
       
       Das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland soll bis zum Jahr 2012 Kredite
       von bis zu 110 Milliarden Euro erhalten. Auf die Euro- Staaten sollen davon
       80 Milliarden Euro entfallen, auf den Internationalen Währungsfonds (IWF)
       30 Milliarden. Deutschlands Anteil am dreijährigen Rettungspaket beläuft
       sich auf bis zu 22,4 Milliarden Euro. Allein in diesem Jahr will sich
       Deutschland mit 8,4 Milliarden Euro beteiligen. Das Bundeskabinett hatte
       das erforderliche Gesetz am Montag auf den Weg gebracht. Am Freitag
       entscheidet darüber auch der Bundesrat. Trotz schlechter Haushaltsprognosen
       und der Griechenland-Hilfen sieht FDP-Chef Guido Westerwelle keinen Grund,
       um auf die schwarz-gelben Steuerpläne zu verzichten.
       
       Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble hätten
       unterstrichen, dass es zwischen den Kreditzusagen für Griechenland und der
       geplanten Steuerreform keinen sachlichen Zusammenhang gebe, sagte
       Westerwelle in Berlin. Die Zusagen an Griechenland hätten keine
       "unmittelbare Haushaltsrelevanz", darin stimme er mit Merkel und Schäuble
       "in vollem Umfang überein". Deutschland handele, um den Euro zu schützen,
       "indem der Brand in Griechenland eingedämmt wird", betonte der
       Außenminister.
       
       Seit Montag streikt bereits die griechische Müllabfuhr. Auf der Akropolis -
       dem Wahrzeichen Athens - hängten Mitglieder der kommunistischen
       Gewerkschaft PAME zwei große Transparente auf: "Völker Europas erhebt Euch
       - Peoples of Europe rise up". Am Vorabend hatten arbeitslose Lehrer bereits
       ein Studio des Staatsfernsehens (NET) gestürmt und die
       Hauptnachrichtensendung unterbrochen. Das Fernsehen zeigte zwei Stunden
       lang Dokumentarfilme und erlaubte den Besetzern schließlich, live eine
       Erklärung abzugeben.
       
       4 May 2010
       
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