# taz.de -- Schulreform: Ärzte fürchten Gleichmacherei
       
       > In einem offenen Brief bitten Klinikärzte, gegen die Schulreform zu
       > stimmen. Die schrecke Ärzte mit Kindern davon ab, in Hamburg zu arbeiten,
       > sagen die Mediziner.
       
 (IMG) Bild: Will sich nicht auch noch um die Zukunft seiner Kinder sorgen müssen: TV-Chefarzt Roland Heilmann.
       
       Rund 50 Hamburger Klinikärzte haben einen offenen Brief gegen die geplante
       Schulreform verfasst. Diese wird von den Medizinern als "Standortnachteil
       für die Gesundheitsmetropole Hamburg" bezeichnet. "Stimmen Sie deshalb
       gegen die geplante Schulreform", lautet die schriftliche Aufforderung an
       die Patienten.
       
       So befürchten die Unterzeichner unter anderem, dass angehende Fachärzte und
       Professoren mit Kindern wegen der sechsjährigen Primarschule um Hamburg
       einen Bogen machen werden. "Wir haben hier eine Spitzenmedizin. Deswegen
       ist es wichtig, dass wir die Kliniken mit guten Leuten besetzen", sagt
       Torsten Hemker von der Facharztklinik Hamburg.
       
       Besonders Ärzte wünschten sich demnach für ihre Kinder eine frühe
       altsprachliche Ausbildung, sagt Hemker. Das sei jedoch durch das längere
       gemeinsame Lernen bald nicht mehr möglich. Dem Orthopäden zufolge sei es
       wichtig, schwächere Schüler besonders zu fördern. "Aber Stärkere sollen
       sich dabei nicht langweilen."
       
       Den offenen Brief haben vor allem Chefärzte und leitende Ärzte
       verschiedener Fachrichtungen unterschrieben. Die Hamburger Ärztekammer hält
       sich dagegen noch bedeckt. "Wir haben keine offizielle Meinung dazu", sagt
       eine Sprecherin der Kammer. Wenn solche Protestbriefe von Ärzten auch
       selten seien - die Unterzeichner verstießen mit ihrem Aufruf nicht gegen
       die Berufsordnung, sagt die Sprecherin.
       
       Der Altonaer CDU-Bundestagsabgeordnete Marcus Weinberg kritisiert hingegen
       den Vorstoß der Mediziner. Die Klinikärzte würden das Vertrauensverhältnis
       zu den Patienten benutzen, um ihre persönlichen politischen Vorstellungen
       voranzutreiben. "Was", fragt Weinberg, "würden diese dazu sagen, wenn ihr
       Steuerberater oder Briefträger ihnen eine Aufforderung zur Zustimmung zur
       Schulreform zusenden würde?"
       
       Den Vorwurf, dass er und seine Kollegen den besonderen Respekt der
       Patienten vor dem Berufsstand Arzt missbrauchen würden, weist Torsten
       Hemker jedoch zurück. "Der Bürgermeister genießt ja auch einen besonderen
       Respekt", sagt er. Und der dürfe ja schließlich auch sagen, was er von der
       Schulreform hält. Der Brief solle lediglich zeigen, dass es neben der
       bereits bekannten Kritik von Schulreformgegnern noch weitere Aspekte gebe.
       
       Mit dem offenen Brief der Ärzte geht die Kritik an der Schulreform kurz vor
       Beginn des Volksentscheids in eine weitere Runde. Erst vor zwei Wochen
       haben 49 Schulleiter von Hamburger Gymnasien in einer gemeinsamen
       Stellungnahme vor einem Reformchaos gewarnt. Mit neuer Stundentafel, neuen
       Bildungsplänen, neuer Beurteilungskultur, Schulorganisation und
       Stundentaktung würden gegenwärtig "alle Systeme, Strukturen und Kulturen
       erfasst und verändert", heißt es dem Papier. Dadurch sei die Reform "extrem
       gefährdet".
       
       Anders als die Klinikärzte stellen die Rektoren in ihrem Brief aber nicht
       die Schulreform an sich infrage, sondern kritisieren ihre Durchführung.
       
       4 May 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uta Gensichen
       
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