# taz.de -- Streit um Kirchensteuer: "Das ist Isolationshaft"
       
       > Die Basisbewegung „Wir sind Kirche“ fordert eine Neuordnung der
       > Kirchenfinanzen. Eine Initiative ruft zum Kirchenaustritt auf – und will
       > mit dem Geld eine bessere Kirche schaffen.
       
 (IMG) Bild: Kirchliche Sonderstellung in Deutschland: Die Beiträge werden vom Staat eingezogen.
       
       MÜNCHEN taz | Raus aus der Kirche, rein in die Verantwortung, - das ist das
       Motto einiger Initiativen, die in München die Kirchen und ihren Umgang mit
       Geld kritisieren. „Wir brauchen ein neues Finanzmodell, in dem die
       Kirchensteuern von unten nach oben verteilt werden und nicht von oben nach
       unten“, sagte Christian Weisner von der Initiative [1][„Wir sind Kirche“]
       der taz.
       
       In der Schweiz bestimmten die Kirchenmitglieder selbst über die Verteilung
       der Kirchengelder. „Da bekommen die Bischöfe natürlich auch etwas ab. Bei
       uns in Deutschland aber bekommen die Bischöfe alles. Das muss sich ändern.“
       
       Unterstützung erhält Weisner von der Vorsitzenden des [2][Vereins zur
       Umwidmung von Kirchensteuern], Magdalene Bußmann. „Es ist ein völlig
       obrigkeitshöriges Verfahren bei der Geldvergabe innerhalb der deutschen
       Kirchen“, sagt sie in München. „Die Kirchen wären gut beraten, sich über
       neue Formen der Finanzierung Gedanken zu machen.“ Je eher die Kirchen sich
       auf einen offenen Dialog über ihre Finanzierung einließen, desto eher
       könnten sie auch Lösungen für deren langfristige Finanzierung finden.
       
       Bußmann kritisiert auf einer Veranstaltung der [3][„Kirche von unten“] am
       Rande des 2. Ökumenischen Kirchentags insbesondere die Art der Einnahmen.
       Sie forderte die radikale Trennung von Kirche und Staat: „Es ist eine
       unheilige Allianz zwischen Kirche und Staat, zwischen Glaube und
       Organisationsform.“
       
       In Deutschland genießt die Kirche eine Sonderstellung. Die Beiträge für die
       Kirche, die Kirchensteuern, werden vom Staat eingezogen. Die Kirche gilt
       als Körperschaft öffentlichen Rechts. Wer aus der Kirche austreten will,
       muss dies bei einer staatlichen Verwaltung kundtun.
       
       Bußmann kritisiert, dass diese Vermischung aus Kirche als öffentliche
       Körperschaft und Kirche als Stätte des Glaubens zu falschen Konsequenzen
       führe. „Man kann in Deutschland nur ganz oder gar nicht aus der Kirche
       austreten. Wer aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts austritt, etwa
       weil er keine Kirchensteuer zahlen will, wird in Deutschland auch aus der
       Glaubensgemeinschaft verbannt und der Glaube abgesprochen. Das ist
       Isolationshaft.“
       
       Pünktlich zum Ökumenischen Kirchentag wirbt im Internet auch eine neue
       Initiative für den Austritt aus der Kirche und eine Selbstverwaltung der
       Kirchensteuern. "Ökumene 2017" kritisiert die „rückwärtsgewandte römische
       Kurienkirche“ für ihre mangelnde Bereitschaft, sich zu erneuern.
       
       „Die Versuche einer wirklichen Kirchenreform seitens der vielen
       Reformgruppen von Priestern und Laien sind in der Vergangenheit im
       Wesentlichen gescheitert, weil eine Gruppe von konservativen Männern mit
       einem lautlos funktionierender Machtapparat, der sich von der pastoralen
       Wirklichkeit vieler Gemeinden völlig losgelöst hat, alle Reformen
       systematisch unterbunden und verhindert hat“, heißt es auf der [4][Homepage
       der Initiative „Ökumene 2017“]. Jetzt gebe es eine christliche Pflicht zum
       Ungehorsam gegenüber der Amtskirche. Die Initiative ruft dazu auf, aus der
       Kirche auszutreten und mit den eingesparten Kirchensteuern etwa Priester zu
       finanzieren, die schon heute zum gemeinsamen Abendmahl einladen und dafür
       von der Kirche sanktioniert werden.
       
       15 May 2010
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.wir-sind-kirche.de/
 (DIR) [2] http://www.kirchensteuern.de/
 (DIR) [3] http://www.ikvu.de/
 (DIR) [4] http://www.oekumene-2017.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA