# taz.de -- Schwarz-Gelbe Laufzeitverlängerung: Ausstieg aus dem Bundesrat
       
       > Umweltminister Röttgen wollte die Laufzeit der Akws mit Zustimmung des
       > Bundesrats verlängern. Kaum ist dort die Mehrheit weg, meint
       > Kanzleramtschef Pofalla, es ginge auch ohne.
       
 (IMG) Bild: Auf die harte Tour: Pofalla und seine Kanzlerin.
       
       BERLIN dpa/apn | Nach dem Vorstoß aus dem Kanzleramt für eine Atom-
       Laufzeitverlängerung ohne Beteiligung des Bundesrates zeichnet sich ein
       heftiger Parteienstreit ab. Bei der Ankündigung eines "zustimmungsfreien
       Gesetzes" handele es sich um "juristische Winkelzüge" von
       Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU), kritisierten die Grünen. Die SPD
       sieht die schwarz-gelbe Bundesregierung im "Lobby-Gestrüpp" der
       Atomindustrie. Durch die Niederlage bei der Landtagswahl in
       Nordrhein-Westfalen hat die Koalition ihre Mehrheit im Bundesrat verloren.
       
       Im Einklang mit mehreren CDU-Ministerpräsidenten erklärte Pofalla in einem
       Gespräch mit der WAZ-Mediengruppe, eine Zustimmung des Bundesrates sei
       nicht erforderlich. Auch die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler
       Gerhard Schröder (SPD) sei damals bei ihrem Atomkonsens so vorgegangen. Vor
       dem Inkrafttreten hatte der Bundesrat im Februar 2002 die Novelle des
       Atomausstiegsgesetzes zumindest abschließend beraten.
       
       Mit seiner neuen Marschroute setzt sich das Kanzleramt über
       Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hinweg, der bisher davon
       ausgegangen ist, dass der Bundesrat bei längeren Laufzeiten zustimmen muss.
       Allerdings ist Röttgen mit seiner Atompolitik ohnehin in den eigenen Reihen
       umstritten.
       
       Eine Verlängerung der Laufzeiten bringt nach Ansicht des
       Grünen-Fraktionschefs und früheren Bundesumweltministers Jürgen Trittin
       mehr Belastungen für die Länderbehörden. Das Gesetz, eines der zentralen
       Projekte der schwarz-gelben Koalition, sei deshalb im Bundesrat
       zustimmungspflichtig.
       
       "Statt juristisch zu tricksen, sollte die Bundesregierung endlich einsehen:
       Für mehr Atommüll und für mehr Risiko durch Uralt-Meiler gibt es weder in
       der Bevölkerung noch im Bundesrat eine Mehrheit", sagte Trittin.
       
       Die Anti-Atom-Bewegung verzeichnet in der aktuellen Debatte wieder spürbar
       Zulauf. Ende April hatten rund 100.000 Atomkraft-Gegner mit einer 120
       Kilometer langen Menschenkette zwischen den Meilern Brunsbüttel und Krümmel
       gegen die Energiepolitik der Bundesregierung demonstriert.
       
       Neben Röttgen war auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen
       Rüttgers bislang davon ausgegangen, dass eine Verlängerung der
       Atommeiler-Laufzeiten vom Bundesrat mitbeschlossen werden muss. Der jüngste
       Vorstoß sei "verlogene Klimapolitik auf dem Rücken von Umweltminister
       Röttgen", sagte der SPD- Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe.
       
       Bestätigt fühlen sich SPD und Grüne durch ein Gutachten des
       Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. "Der Fortbetrieb der zivilen
       Nutzung der Atomkraft hängt auch von der Entscheidung des Bundesrates ab",
       heißt es in einem internen Aufsatz vom 21. April. Dagegen wertet die CSU
       die Einschätzung der Parlamentsjuristen als Votum für die Umgehung des
       Bundesrates.
       
       Demnach hätten die Experten festgehalten, dass eine bloße Erhöhung der
       Reststrommenge lediglich eine quantitative Veränderung der
       Verwaltungsaufgabe bedeuten würde. Die Länderkammer sei damit nicht
       zwangsläufig zustimmungspflichtig.
       
       Bis zum Herbst will die Bundesregierung ein Energiekonzept für den Zeitraum
       bis 2050 vorlegen. Es wird geprüft, ob einzelne Meiler bis zu 60 Jahre lang
       am Netz bleiben können. Die rot-grüne Regierung hatte im Jahr 2000 mit den
       Stromkonzernen einen Atomausstieg vereinbart, der bis 2022 wirksam werden
       würde.
       
       Der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) verwies im
       Deutschlandfunk auf die Praxis von Rot-Grün beim Atomausstiegsgesetz. "Wir
       haben ihn (den Bundesrat) nicht zum Beschluss dieses Gesetzes gebraucht,
       also brauchen wir ihn auch nicht zur Änderung dieses Gesetzes."
       
       Die Grünen nannten das Argument unlogisch. "Das ist ungefähr so stimmig wie
       die Behauptung, man könne im Rückwärtsgang über dieselbe Autobahnausfahrt,
       die Rot-Grün einst nahm, zurückkehren", sagte die Grünen-Sprecherin für
       Atompolitik, Sylvia Kotting-Uhl.
       
       16 May 2010
       
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