# taz.de -- Umsonst Telefonieren: Reklame-Peitsche fürs Handy
> Der Netzbetreiber O2 macht Ernst mit werbefinanziertem Telefonieren und
> Surfen: Wer sich freiwillig mit Reklame zuballern lässt, darf künftig
> umsonst sein Handy nutzen.
(IMG) Bild: Können Mobilfunk-Anbieter in Zukunft auf Gebühren verzichten? O2 testet jetzt werbe-finanzierte Angebote.
BERLIN taz | Die Idee, Menschen für das Betrachten von Werbung zu
"bezahlen", existiert schon seit den seligen Zeiten des ersten
Internet-Booms vor zehn Jahren. Damals gab es von mittlerweile längst
untergegangenen Firmen alle paar Wochen einen kleinen Scheck dafür, dass
man beim Surfen zusätzliche Banner ertrug. Die Idee: Wenn Nutzer dazu
motiviert werden, Reklame zu betrachten, wirkt diese besser. Das Gegenteil
war allerdings der Fall. Die meisten Nutzer reagierten nach einiger Zeit
genervt und versuchten, die Einblendungen irgendwie loszuwerden, dabei aber
trotzdem ihre "kostenlosen" Cents zu verdienen.
Beim deutschen Mobilfunkanbieter O2 glaubt man nun, die alte Idee auf neuem
Weg doch noch erfolgreich umsetzen zu können. Beim gerade gestarteten
"Netzclub" der Firma gibt's für die Betrachtung von Reklame zwar keine
Moneten. Jedoch dürfen Nutzern, die sich mit Werbung zuwerfen lassen,
kostenlos telefonieren und surfen, jedenfalls in gewissem Rahmen.
Insgesamt drei verschiedene Stufen werden offeriert: Eine "Handy Internet
Flat" mit 200 Megabyte, eine "Telefon Flat" mit 100 Freiminuten im Monat
und eine "Kombi Flat", bei der man 30 Minuten telefonieren, 30 SMS
verschicken und 30 Megabyte im Monat versurfen darf. Hat man sein
Freikontingent verbraucht, muss man allerdings blechen: 11 Cent pro Minute
für die Sprachtelefonie, 11 Cent pro SMS mit ungünstiger minutenweiser
Abrechnung.
Damit er im "Netzclub" bleiben darf, muss der Kunde einigen Langmut
beweisen. In den Bedingungen steht unter anderem, dass er pro Tag einmal
mit einer Werbezusendung rechnen muss (anfangs soll es aber weniger sein).
Die kann auf unterschiedlichem Weg daherkommen - per E-Mail beispielsweise,
oder per SMS- oder Multimedia-Botschaft. Parallel willigt man bei
Vertragsabschluss in postalische Reklame ein, die man erst nach Kündigung
wieder los wird.
Es reicht aber nicht, sich die Werbung schicken zu lassen: Der "Netzclub"
hat nicht nur Zuckerbrot (freie Handy-Nutzung), sondern auch noch eine Art
Peitsche eingebaut. Nach dem ersten Monat muss der Kunde mindestens einmal
alle 30 Tage auf eine der Werbebotschaften reagieren - etwa durch Anruf
oder Rück-SMS. Diese "Ja, wir lesen den Kram"-Reaktion soll wohl als
Argument für Werbekunden dienen.
O2 ist übrigens nicht der einzige Anbieter, der versucht, mit kostenloser
Handy-Nutzung Werbebetrachtungen hervorzurufen. Konkurrent E-Plus
verschenkt seit letztem Sommer mit seiner Tochter "Gettings" "Prämien" wie
Frei-SMS, wenn man die von dem Dienst geschickte Werbung akzeptiert.
20 May 2010
## AUTOREN
(DIR) Ben Schwan
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