# taz.de -- Bundespräsident besucht Soldaten: Köhler überraschend in Afghanistan
       
       > Bundespräsident Horst Köhler ist zu einem Überraschungsbesuch bei der
       > Bundeswehr in Afghanistan eingetroffen. Es ist die erste Reise des
       > Staatsoberhaupts zu den deutschen Truppen am Hindukusch.
       
 (IMG) Bild: Bundespräsident Horst Köhler kam am Freitag mit seiner Ehefrau Eva Luise im Bundeswehr-Feldlager im nordafghanischen Masar-i-Scharif an.
       
       MASAR-I-SCHARIF dpa | Bundespräsident Horst Köhler ist überraschend zu
       einem Besuch deutscher Soldaten in Afghanistan eingetroffen. Er kam am
       Freitag mit seiner Ehefrau Eva Luise im Bundeswehr-Feldlager im
       nordafghanischen Masar-i-Scharif an. Er wolle mit seinem Besuch den
       Soldaten die Unterstützung Deutschlands für ihren Einsatz mitteilen, sagte
       er. Köhler machte auf dem Rückflug von der Weltausstellung in Shanghai
       einen Abstecher. Sein Besuch war aus Sicherheitsgründen nicht angekündigt
       worden.
       
       Es ist die erste Reise eines deutschen Staatsoberhauptes nach Afghanistan
       seit mehr als 40 Jahren. Zuletzt war im März 1967 Bundespräsident Heinrich
       Lübke in Afghanistan. Der Bundespräsident und seine Frau gingen im
       Bundeswehr-Feldlager zum Ehrenhain für getötete Soldaten, verneigten sich
       dort und hielten im Gedenken inne. Begleitet wurden sie vom deutschen
       Kommandeur, Brigadegeneral Frank Leidenberger, mit dem sich Köhler
       anschließend zu einem Gespräch traf.
       
       Köhler hat sich bislang relativ wenig zu dem zunehmend umstrittenen
       Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr geäußert. Ende August vergangenen Jahres
       hatte er eine breite Debatte über das Engagement gefordert. Kurz darauf
       kochte die Diskussion hoch, nachdem am 4. September bei einem von der
       Bundeswehr angeordneten Luftschlag im nordafghanischen Kundus neben
       Taliban-Kämpfern auch Zivilisten starben.
       
       Köhler hatte vor dem Bombardement gesagt: "Wir alle, vor allem die Politik,
       haben die Aufgabe, den Einsatz in Afghanistan zu erklären." Die
       Gesellschaft nehme an dem Einsatz zu wenig Anteil. "Ich glaube, das
       freundliche Desinteresse hat sich noch nicht wirklich gewandelt in ein auch
       sorgenvolles Interesse." Der Präsident hatte damals hinzugefügt: "Die
       Soldaten haben unser aller Anerkennung und Dank verdient." Wenige Tage nach
       dem Luftschlag in Kundus sagte Köhler, die Bundeswehr sei "zu einer Armee
       im Kampf" geworden.
       
       Köhler war am Freitag zunächst im Luftwaffenstützpunkt Termes in Usbekistan
       gelandet. Dort nahm ihn Verteidigungs-Staatssekretär Rüdiger Wolf in
       Empfang, der aus Berlin angereist kam. Köhler und Wolf flogen anschließend
       mit einer Transall-Maschine nach Masar-i- Scharif.
       
       Am Tag vor dem Besuch war die Bundeswehr in Nordafghanistan gleich zweimal
       angegriffen worden. Bei einem Anschlag nördlich von Kundus- Stadt wurde ein
       Soldat leicht verletzt. Wenige Stunden später wurde in der Region Feisabad
       eine Patrouille beschossen. Nach Angaben der Bundeswehr kam niemand zu
       Schaden.
       
       Zuletzt war Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Mitte
       April in Afghanistan gewesen. Am letzten Tag seines Besuches waren in der
       Provinz Baghlan, die an Kundus angrenzt vier deutsche Soldaten bei
       Taliban-Angriffen getötet und fünf Soldaten verletzt worden. Guttenberg
       brach damals seine Rückreise ab und kehrte nach Afghanistan zurück.
       
       Der Tod der Soldaten verschärfte die Debatte in Deutschland über den
       Einsatz weiter. Zwei Wochen zuvor waren am Karfreitag bereits drei deutsche
       Soldaten in einem Hinterhalt der Taliban ums Leben gekommen. Eine klare
       Mehrheit der Bevölkerung ist in Umfragen für einen Abzug der Bundeswehr aus
       Afghanistan.
       
       Guttenberg hatte bei seinem Besuch im April um mehr Verständnis für den
       deutschen Einsatz am Hindukusch geworben. Angesichts der eskalierenden
       Gewalt kündigte er an, der Bundeswehr in Kundus so schnell wie möglich zwei
       Panzerhaubitzen 2000 zur Verfügung zu stellen. Sie sind bislang noch nicht
       eingetroffen. Das schwere Artilleriegeschütz hat eine Reichweite von 40
       Kilometern. Zudem soll die Truppe mit TOW-Panzerabwehrraketen und mit
       zusätzlichen "Marder"- Schützenpanzern ausgerüstet werden.
       
       Seit Beginn des Einsatzes im Jahr 2002 sind in Afghanistan insgesamt 43
       deutsche Soldaten ums Leben gekommen, 26 von ihnen bei Anschlägen oder
       Gefechten. Im Rahmen der Internationalen Schutztruppe ISAF sind derzeit
       nach Angaben der Bundeswehr mehr als 4300 Soldaten im Einsatz. Der
       Bundestag hatte die im Mandat festgesetzte Obergrenze im Februar von 4500
       auf maximal 5350 Soldaten erhöht.
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel war bislang zweimal in Afghanistan. Zuletzt
       besuchte sie im April vergangenen Jahres deutsche Soldaten im Norden des
       Landes.
       
       21 May 2010
       
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