# taz.de -- Skandal um Apple-Zulieferer Foxconn: Freitod verboten
       
       > Nach dem neunten Mitarbeiter-Freitod beim Elektronikkonzern und
       > Apple-Zulieferer Foxconn reagiert dessen Leitung auf bizarre Weise: Den
       > Mitarbeitern wird die Selbstverletzung verboten.
       
 (IMG) Bild: Protest vor dem Foxconn-Büro in Hong Kong: iPod-Modelle in Flammen.
       
       PEKING taz | Ausgerechnet wenige Tage vor dem Verkaufsstart des
       Tablet-Computers iPad in Deutschland gerät die Elektronikfirma mit dem
       angeknabberten Apfel als Logo erheblich in Misskredit. Der Grund: Bei einem
       Apple-Zulieferer, der taiwanesischen Firma Foxconn, hat es den inzwischen
       neunten Freitod in diesem Jahr gegeben.
       
       Die vielen Todesfälle werden auf die miserablen Arbeitsbedingungen
       zurückgeführt. Foxconn ist der größte Elektronikhersteller der Welt und
       beschäftigt allein in der südchinesischen Stadt Shenzhen mehr als 300.000
       Mitarbeiter; in ganz China sind es über 800.000. Neben Apple beliefert der
       Zulieferer auch Firmen wie Sony, Hewlett-Packard, Dell und Nokia.
       
       Ein 19jähriger Mitarbeiter hat sich am Dienstag vom Dach des
       Produktionsgebäudes gestürzt. „Ich hab keine Fähigkeiten. Ich bekomme, was
       ich verdiene“, zitiert die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua aus dem
       Abschiedsbrief. Es tue ihm leid, dass er nicht mehr länger für seinen Vater
       sorgen könne. Bei dem Freitod des 19jährigen handelt sich um den inzwischen
       zwölften Selbstmordversuch in diesem Jahr. Zwei überlebten schwerverletzt.
       Erst vergangenen Freitag hatte sich ebenfalls ein junger Mitarbeiter
       umgebracht.
       
       Die Freitode haben in China eine heftige Debatte über die
       Arbeitsbedingungen bei taiwanesischen Firmen ausgelöst. Firmenbosse aus
       Taiwan und Hongkong haben einen besonders schlechten Ruf bei den
       Wanderarbeitern in Südchina, der Werkbank der Welt, wo sich Hunderttausende
       Produktionsstätten befinden. Taiwanesen und Hongkong-Chinesen gelten als
       besonders skrupellos.
       
       Und auch über die Produktionsstätten von Foxconn ist bekannt, dass die
       vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter zum Teil menschenunwürdigen
       Bedingungen arbeiten. Eine 21jährige Mitarbeiterin berichtet in der in
       Hongkong erscheinenden South China Morning Post, dass sie an sechs Tagen
       die Woche zwölf Stunden am Tag arbeiten müsse. Die Atmosphäre auf den
       Arbeitsstätten sei sehr deprimierend, wird sie zitiert. Sie dürften die
       gesamten zwölf Stunden nicht miteinander sprechen. Inklusive der
       Überstunden würde sie im Monat ein Gehalt von 2.000 Yuan (230 Euro)
       erhalten – weniger, als das 16-Gigabyte iPhone kostet.
       
       Und auch außerhalb der Arbeitszeiten seien die Lebensbedingungen miserabel.
       Wie die südchinesische Zeitung Southern Metropolis Daily berichtet, würden
       viele Mitarbeiter zu Dutzenden in Baracken zusammen gepfercht. Das
       Fabrikgelände dürfen viele von ihnen nur mit speziellen Genehmigungen
       verlassen.
       
       Nachdem sich am Mittwoch auch die chinesische Zentralregierung
       eingeschaltet hat, und die Arbeitgeber aufforderte, „sich um ihre
       Beschäftigten zu kümmern“, hat die Firmenleitung in Taiwan nun reagiert –
       mit sehr bizarren Maßnahmen: Die Southern Metropolis Daily druckte einen
       Brief der Firmenleitung an die Angestellten, in dem sie sich verpflichten,
       sich nicht selbst umzubringen.
       
       „Ich verspreche, mich oder andere niemals in einer extremen Form zu
       verletzten“, heißt es in der Erklärung. Mit ihrer Unterschrift erklären
       sich die Beschäftigten einverstanden, dass die Firmenleitung sie „zum
       eigenen Schutz und dem anderer“ in eine psychiatrische Klinik zu schicken,
       sollten sie in einer „anormalen geistigen oder körperlichen Verfasssung
       sein“. Gebäude des Unternehmens sind seit Mittwoch mit Netzen verhängt, um
       weitere Selbstmorde zu verhindern.
       
       Apple hat angekündigt, nun selbst die Arbeitsbedingungen bei ihren
       Zulieferfirmen zu untersuchen. ArbeiteraktivistInnen in Hongkong genügen
       diese Ankündigungen nicht. Sie protestierten am Mittwoch vor
       Apple-Geschäften und riefen zum Boykott des neuen iPhones auf. Und auch in
       der Volksrepublik regt sich Protest. Chinesische AktivistInnen haben die
       Webseiten von Apple und Foxconn mit einer fingierten Jobanzeige gehackt.
       Darin beschreiben sie sarkastisch die Arbeitsbedingungen – inklusive die
       Option auf Freitod.
       
       26 May 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
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