# taz.de -- Eurokrise: Kroatien bangt um EU-Beitritt
       
       > Angesichts der Eurokrise gerät der Fahrplan für die europäische
       > Integration des Balkanstaates durcheinander. Zwar spart die Regierung,
       > Experten rechnen trotzdem mit einer Schuldenexplosion
       
 (IMG) Bild: Rot-weiß kariert: Kroations Farben.
       
       Mit Sorge diskutieren Experten und Politiker in Kroatien derzeit, wie sich
       die Eurokrise auf den Balkanstaat auswirken könnte. Der bisherige Fahrplan
       sah vor, das viereinhalb Millionen Einwohner zählende Land spätestens 2012
       in die Europäische Union aufzunehmen. Doch angesichts der Eurokrise – und
       damit der Krise der Union insgesamt – steht dieser Fahrplan infrage.
       
       "Die Zukunft ist im Augenblick nicht kalkulierbar", sagt der Direktor des
       kroatischen Zentrums für Marktforschung (GfK), Igor Matutinovic. Kroatien
       könne jedoch mit einem blauen Auge davonkommen. "Immerhin liegt die hiesige
       Staatsverschuldung mit 37 Prozent des Bruttoinlandsprodukts wesentlich
       unter den EU-Sorgenkindern Griechenland, Portugal und Spanien." In Bezug
       auf die Maastricht-Kriterien liege Kroatien im europäischen Mittelfeld. Sie
       legen unter anderem fest, dass das öffentliche Defizit 3 Prozent des
       Bruttoinlandsproduktes (BIP) nicht übersteigen darf und die öffentlichen
       Schulden maximal 60 Prozent des BIP erreichen dürfen.
       
       Ein Problem sei inzwischen die enge Verflechtung mit der EU: "Wenn Brüssel
       schnieft, dann husten wir." Bis Ende 2010 können die Maastricht-Kriterien
       zwar noch erfüllt werden, doch bei den Prognosen für die
       Wirtschaftsentwicklung sieht es düster aus. Lag das Wirtschaftswachstum
       Kroatiens noch bis 2008 zwischen 4 und 6 Prozent, so war im vergangenen
       Jahr ein Rückgang um 5,8 Prozent zu verkraften.
       
       Dieses Jahr rechnen die Institute mit einem Minuswachstum von 2 Prozent,
       was die Zahl der Arbeitslosen auf mindestens 18 Prozent ansteigen lässt.
       Die Auslandsinvestitionen sind zudem eingeknickt.
       
       Der Ausweg aus der Wachstumsschwäche wäre die Abwertung der kroatischen
       Währung Kuna, um die Exporte zu beflügeln und damit die Konjunktur
       anzukurbeln. "Die Kuna ist um 20 bis 25 Prozent überbewertet", sagt Zarko
       Puhovski. Die in Kroatien das Geschäft beherrschenden österreichischen und
       italienischen Banken hätten sich aber abgesichert. "Die Kredite müssen auf
       Eurobasis getilgt werden", betont der Sozialwissenschaftler. Eine Abwertung
       würde ungeheure Konsequenzen nach sich ziehen, viele kleinere Betriebe
       gingen pleite, und manche Familien müssten buchstäblich hungern, um die
       dann verteuerten Kredite zu bezahlen, sind sich die beiden Experten einig.
       
       Zunächst hat die konservative Regierung unter Ministerpräsidentin Jadranka
       Kosor kürzlich ein Sparpaket aufgelegt. Es verfolgt mit 130 Einzelmaßnahmen
       das Ziel, den Einfluss des Staates auf die Wirtschaft zu verringern, die
       öffentliche Verwaltung zu verschlanken, das Steuersystem zu vereinfachen
       und die staatlichen Sozialsysteme zu reformieren. Der kroatische
       Staatshaushalt sieht in diesem Jahr Ausgaben in Höhe von 16,5 Milliarden
       Euro vor, bei einer Unterdeckung von 1,2 Milliarden Euro. Ende 2010 wird
       die Staatsverschuldung allerdings trotz des Sparpakets überdurchschnittlich
       anwachsen, prognostizieren die Experten.
       
       Kroatien ist zwar noch kein Sorgenkind, Brüssel wird jedoch angesichts der
       finanzpolitischen und wirtschaftlichen Turbulenzen der letzten Monate noch
       genauer hinschauen, wenn es um die Entscheidung für oder gegen die
       Integration des Landes geht. "Die Entscheidung, Bulgarien und Rumänien in
       die EU aufzunehmen, wurde nicht aus wirtschaftlichen, sondern vor allem aus
       politischen Gründen getroffen", meint Puhovski, "in Zukunft werden in
       Brüssel die wirtschaftlichen Daten eine größere Rolle bei der Entscheidung
       für die Erweiterung der EU spielen."
       
       28 May 2010
       
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 (DIR) Erich Rathfelder
 (DIR) Erich Rathfelder
       
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