# taz.de -- Kommentar Suizide in China: Apple ist in der Verantwortung
       
       > Der Verkauf des Minicomputers iPad ist in Deutschland gestartet - und
       > wird von Suiziden bei einem Zulieferer in China überschattet. Die Kunden
       > müssen nun Gerechtigkeit einfordern.
       
 (IMG) Bild: Warten auf das iPad: Drei junge Männer am Freitag in München.
       
       Ein magisches und revolutionäres Gerät zu einem unglaublichen Preis" - mit
       diesem Spruch wirbt der US-Konzern Apple für seinen Tablet-Computer iPad,
       der am heutigen Freitag in Deutschland in den Handel kommt. Der
       "unglaubliche Preis" basiert jedoch auf unglaublich miesen
       Arbeitsbedingungen in den chinesischen Fabriken, wo Apple und andere
       Computer- und Handykonzerne produzieren lassen.
       
       Darauf weist die Serie von Selbsttötungen junger Arbeiter und Arbeiterinnen
       hin. Die Ironie ist, dass die Bedingungen bei den Apple-Zulieferern nicht
       schlechter sind als in anderen chinesischen Fabriken, für die sich kaum
       jemand interessiert. Doch darf sich ein hochprofitabler Konzern wie Apple
       nicht damit zufriedengeben, dass seine Produkte nur zum chinesischen
       Mindestlohn hergestellt werden, von dem bei regulärer Arbeitszeit in
       Südchina niemand leben kann. Apple und Konsorten, die sich in ihrer Werbung
       als jungdynamisch und innovativ gebärden, haben ihrer sozialen
       Verantwortung gerecht zu werden. Magie und Revolution, die Apple in der
       Technologie verspricht, verkörpert der Konzern im sozialen Bereich
       definitiv nicht. Es liegt nicht zuletzt an den Kunden, hier mit Druck, bis
       hin zu Boykotten, Gerechtigkeit einzufordern.
       
       Sicher: Auch mitten in Europa, bei France Télécom, gab es eine
       erschütternde Selbstmordserie. Was in China beim Apple-Produzenten Foxconn
       geschieht, ist jedoch kein relativ isoliertes Phänomen. Nach den jüngsten
       Amokläufen in Kindergärten sind die Selbsttötungen nur ein weiterer Hinweis
       auf sich verschärfende gesellschaftliche Widersprüche in einem Land im
       Modernisierungsstress. Die Selbstmorde sind ein Indiz, dass die Ausbeutung
       von rund 150 Millionen rechtlosen Wanderarbeitern an ihre Grenzen stößt.
       Den jungen Menschen in Shenzhen, die in der Sonderwirtschaftszone nicht mal
       ein Daueraufenthaltsrecht haben, steht dort täglich der in China inzwischen
       angehäufte Reichtum vor Augen. Doch können sie an ihm auch bei einer
       Arbeitswoche von 70 und mehr Stunden nicht teilhaben, geschweige denn die
       Produkte erwerben, die sie selbst herstellen. Zu hohem Druck und stupider
       Arbeit kommen mangelnde soziale Netze, persönliche Isolation und
       Perspektivlosigkeit, die Suizide fördern. Auch rächt sich, dass es keine
       echten Gewerkschaften oder andere Vertretungen gibt. Will China nicht auf
       eine soziale Katastrophe zusteuern, braucht es ein gerechteres
       Entwicklungsmodell, das die Wanderarbeiter nicht mehr verheizt.
       
       28 May 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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