# taz.de -- ENERGIE: Vattenfall auf dem Holzweg
       
       > Der Energieversorger will in Kraftwerken Holz verfeuern. Darf er auch
       > Bäume aus Afrika kaufen? Die Grünen diskutieren über Entwicklungshilfe
       > versus Öko-Imperialismus
       
 (IMG) Bild: Geteilter Meinung sind die Ansichten, ob der Energieversorger Vattenfall Holz aus Afrika importieren darf, um es ins einen Kraftwerken zu verfeuern.
       
       Im vergangenen Jahr hatten die Grünen gejubelt: Vattenfall hatte verkündet,
       das Kohlekraftwerk an der Rummelsburger Bucht in Lichtenberg durch ein
       Biomasse-Kraftwerk zu ersetzen. Jetzt diskutiert die Partei lebhaft, wo das
       ganze Holz dafür eigentlich herkommen soll. Der energiepolitische Sprecher
       Michael Schäfer findet: Wenn beim Holzimport aus Afrika hohe Standards
       eingehalten werden, können die Einnahmen bei der Entwicklung in den
       Herkunftsländern helfen. Die ehemalige Fraktionsvorsitzende Franziska
       Eichstädt-Bohlig sieht darin "Öko-Imperialismus" und fordert: Vattenfall
       soll in Berlin nur Holz verfeuern, das auch aus der Region kommt.
       
       Vattenfall verursacht in Berlin rund 7,5 Millionen Tonnen des Klimakillers
       CO2 pro Jahr, das ist etwa ein Drittel des Gesamt-CO2-Ausstoßes in der
       Stadt. Das Unternehmen möchte in Zukunft verstärkt Holz statt Kohle
       verfeuern. Dies soll den CO2-Ausstoß pro erzeugter Kilowattstunde
       kurzfristig um ein Drittel senken. Langfristig hofft Vattenfall auf bis zu
       60 Prozent.
       
       Ab 2020 will Vattenfall rund 1,3 Millionen Tonnen Holz pro Jahr verfeuern.
       Ein kleiner Teil davon ist Restholz aus den Wäldern Brandenburgs, das für
       keinen anderen Zweck gebraucht wird. Ein weiterer Teil soll aus neuen
       Holzplantagen in der Region kommen - dazu will das Unternehmen auch alte
       Tagebaue nutzen. Den Rest will Vattenfall auf dem internationalen Markt
       einkaufen - in Europa, Nordamerika und Afrika.
       
       Das Unternehmen hat bereits einen Vertrag mit einem Lieferanten in Liberia
       unterschrieben. Plantagen sollen Kautschukbäume, die kein Kautschuk mehr
       liefern und daher ohnehin abgeholzt und durch neue Bäume ersetzt werden,
       per Schiff nach Europa liefern. Vattenfall will dabei Umwelt- und
       Sozialkritierien einhalten. Innerhalb von fünf Jahren soll eine Million
       Tonnen Holz geliefert werden.
       
       Hartwig Berger, ehemals grüner Abgeordneter und jetzt Vorsitzender des
       Naturschutzzentrums Ökowerk, lehnt Holzimporte im großen Stil grundsätzlich
       ab. "Alles Holz, das wir aus Entwicklungsländern importieren, fehlt vor
       Ort", sagte er am Montagabend auf einer von der Grünen-Fraktion
       organisierten Podiumsdiskussion. Die Bevölkerung brauche das Holz zum
       Kochen, sagte Berger. Der Rest sollte vor Ort in Kraftwerken verfeuert
       werden, um so die Energieversorgung sicherzustellen. Wenn man das Holz aus
       den Plantagen wegkaufe, werde die Bevölkerung stattdessen den Regenwald
       abholzen. Es gebe auch das Risiko, dass neue Holzplantagen auf Flächen
       entstehen, auf denen bisher Äcker sind. Dadurch würden Bauern vertrieben
       und Nahrungsmittel für die Bevölkerung teurer.
       
       Die Grünen-Abgeordnete und Ex-Fraktionsvorsitzende Franziska
       Eichstädt-Bohlig wurde noch deutlicher. Es könne nicht verträglich sein,
       Ländern wie Liberia die Biomasse wegzunehmen. Das Ziel müsse sein,
       "weltpolitisch fair zu sein und nicht so imperialistisch zu agieren".
       
       Der Abgeordnete Michael Schäfer findet Holzimporte dagegen vertretbar. Die
       Alternative dazu sei, zur Fernwärmeproduktion weiterhin die Klimakiller
       Steinkohle oder Gas zu verbrennen. Wenn Vattenfall nur noch in der Region
       einkaufen würde, dann würden eben andere Holzeinkäufer sich auf dem
       Weltmarkt bedienen, und zwar ohne jede Standards.
       
       Schäfer zog einen Vergleich mit Turnschuhen: "Die kaufen wir ja auch aus
       Entwicklungsländern ein, wenn die Standards stimmen." Das sorge für
       steigende Einkommen bei der Bevölkerung und somit für mehr Entwicklung.
       
       Auch für László Maráz, Koordinator der Plattform Nachhaltige Biomasse, ein
       Verband von rund 20 Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, kommt es auf
       den Einzelfall an. "Ich bin ja auch für den Handel mit fairem Kaffee",
       sagte er. Das Problem: Auch die Plattform arbeitet noch an klaren Kriterien
       für den Holzeinkauf.
       
       2 Jun 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Heiser
       
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