# taz.de -- Stichwahl in Kolumbien: Kein Mitte-links-Bündnis
       
       > Die Grünen schlagen die Unterstützung der Linken für die Stichwahl am 20.
       > Juni aus und setzen auf eine "Koalition mit den Bürgern". Die
       > Traditionspolitiker strömen zu dem Rechten Juan Manuel Santos.
       
 (IMG) Bild: Der Traum ist ausgeträumt: Die Grünen in Kolumbien bereiten sich nun auf die Opposition vor.
       
       In Kolumbien ist der Traum einer zivilen Wende ausgeträumt. Die Grünen um
       Antanas Mockus lehnten eine Offerte des linken "Alternativen demokratischen
       Pols" ab, für die Stichwahl am 20. Juni eine programmatische Allianz
       einzugehen. Stattdessen werben sie unverdrossen für eine "Koalition mit den
       Bürgern", vor allem mit bisherigen Nichtwählern.
       
       Eine Woche lang wirkte Mockus wie gelähmt durch den schier uneinholbaren
       Abstand, der sich bei der Wahl vor einer guten Woche zum
       Regierungskandidaten Juan Manuel Santos auftat: Santos war auf 46,6 Prozent
       gekommen, Mockus nur auf 21,5. Eigentlich war das ein stattliches Ergebnis
       für die junge grüne Partei - nicht jedoch nach den euphorischen Wochen vor
       der Wahl, in denen sämtliche Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen prophezeit
       hatten.
       
       Analysen zeigen, dass die meisten Regionalfürsten der Liberalen und der
       Konservativen ihre Anhänger bereits in der ersten Runde für den Exliberalen
       Santos mobilisierten - die Kandidaten der beiden Traditionsparteien blieben
       weit unter deren Ergebnissen bei der Parlamentswahl im März. Nach dem
       Angebot des Siegers am Wahlabend, eine "Regierung der nationalen Einheit"
       zu bilden, will nun nahezu das gesamte Establishment dabei sein.
       
       Das Oppositionsvotum verteilte sich auf Mockus und Gustavo Petro vom
       "Alternativen demokratischen Pol", der in den Karibikprovinzen sogar auf
       Platz zwei kam. Die Linkspartei machte Mockus ein Angebot, ihn auf der
       Basis von gemeinsamen Zielen zu unterstützen: So sollten der Einfluss der
       "Mafia" auf den Staat gebrochen, die Menschenrechtsverletzungen
       aufgearbeitet und die Verfolgung unabhängiger Richter, sozialer Bewegungen
       und der Oppositionsparteien eingestellt werden. Die Ländereien in den
       Händen von Drogenhändlern und anderer Mafiosi seien für die vertriebenen
       Kleinbauern und andere Opfer des Krieges bestimmt, schlug Petro vor.
       
       Zu diesen Punkten, die bestens zu seiner Antikorruptionsagenda passen,
       signalisierte Mockus Zustimmung. Schwerer tat er sich mit der Schaffung
       eines öffentlichen Gesundheits- und Bildungssystems und einer "neuen
       Außenpolitik auf der Basis der politischen, wirtschaftlichen und
       militärischen Souveränität" - die Linke lehnt Freihandelsabkommen und die
       Präsenz von US-Soldaten in Kolumbien ab. US-Militärbasen seien wichtig für
       den Kampf gegen den Drogenhandel, erklärte hingegen Mockus.
       
       Dennoch schien zwei Tage lang eine Einigung möglich, zumal der Polo eine
       Beteiligung an einer Regierung Mockus ausdrücklich ausgeschlossen hatte.
       Dann jedoch stellte sich der Spitzengrüne Enrique Peñalosa bereits vor der
       Vorstandssitzung der Grünen öffentlich dagegen. Von der zivilen Linken
       trennen Peñalosa Welten: 2007 hatte er mit Rückendeckung von Präsident
       Álvaro Uribe eine zweite Amtszeit als Bürgermeister von Bogotá angestrebt,
       war aber dem Polo-Kandidaten unterlegen.
       
       So bleibt Mockus in der "extremen Mitte" gefangen, wie Angélica Lozano
       Correa vom grünen Wahlkampfteam die Position der kolumbianischen Grünen
       umreißt. "Wir könnten aus konservativen und liberalen Wählern bis zu einer
       Million Stimmen gewinnen und noch einmal eine Million vom Polo", sagte sie
       - eine Hoffnung, die allzu klare Präferenzen ausschließt.
       
       Polo-Kandidat Gustavo Petro beklagt die "absolute Unfähigkeit" der Grünen,
       denen er nach dem nun unvermeidlichen Wahldesaster geringe
       Überlebenschancen vorhersagt. "Es ist bedauerlich", sagte der linke
       Senator, "wir hätten diese Schacht gerne geschlagen." Seine Partei bereite
       sich nun darauf vor, die Opposition für die nächsten vier Jahre zu
       organisieren.
       
       8 Jun 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gerhard Dilger
       
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