# taz.de -- Landeshaushalt: Sozialer Bereich steht vor Kollaps
       
       > Sollten die Kieler Sparpläne Realität werden, wird der soziale Bereich in
       > Schleswig-Holstein nicht mehr der Gleiche sein. Vor allem kleine Projekte
       > würde es treffen.
       
 (IMG) Bild: Für Blinde bedeuten die Sparpläne, dass das Landesblindengeld von 400 Euro auf 200 Euro sinkt.
       
       Die schwarz-gelben Pläne in Schleswig-Holstein, jährlich bis zu 125
       Millionen Euro einzusparen, verschonen kaum ein Politikfeld. Besonders
       betroffen aber ist der soziale Bereich. Bereits unter der Regierung der
       Großen Koalition zügelte Kiel die Ausgaben für Verbände und Projekte. Durch
       die aktuellen Empfehlungen der Haushaltsstrukturkommission aber würde sich
       die soziale Landschaft im Norden grundlegend verändern.
       
       So soll das Landesblindengeld für Erwachsene von monatlich 400 Euro auf 200
       Euro sinken. Insgesamt wird die Förderung damit von 17 Millionen auf 7,7
       Millionen Euro reduziert. Die Oppositionsparteien toben. Zehn Millionen
       einzusparen, sei "überproportional viel", sagt etwa Wolfgang Baasch,
       sozialpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Er kritisiert zudem,
       dass auch der Fonds zur Herstellung von Barrierefreiheit für blinde
       Menschen verkleinert werde. "Das Landesblindengeld ist kein zusätzliches
       Zückerchen, das nach Belieben gekürzt werden kann", sagt auch Antje Jansen,
       sozialpolitische Sprecherin der Linkspartei.
       
       Neben dem Behindertenbereich trifft es auch die Wohlfahrtsverbände. Unter
       Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) wurde ein "Sozialvertrag" zwischen
       Verbänden wie Awo, Caritas, Diakonie und dem Kieler Sozialministerium
       geschlossen. Die Verbände bekamen dabei jährlich 3,6 Millionen Euro in die
       Hand, die sie selbst an kleinere, insgesamt 500 Projekte verteilen können.
       
       Für das Ministerium bedeutete dies weniger bürokratischen Aufwand, für die
       Wohlfahrtsverbände mehr Entscheidungsfreiheit. CDU und FDP wollen das
       Fördergeld nun auf zwei Millionen Euro reduzieren. "Das sind dramatische
       Einschnitte", sagt Georg Falterbaum, Direktor des Caritas-Landesverbandes.
       Kleinstprojekte wie die Bahnhofsmission oder der Mittagstisch seien dadurch
       bedroht.
       
       Der Paritätische ruft aus Protest gegen die Kürzungen zu verschiedenen
       Aktionen auf. "Bereits seit vielen Jahren müssen Beratungsstellen und
       soziale Hilfsangebote erhebliche Kürzungen hinnehmen", sagt Landesvorstand
       Günter Ernst-Basten. Weitere Einschnitte könnten die hinter den Angeboten
       stehenden Vereine nicht ohne Streichungen auffangen, haupt- und in der
       Folge ehrenamtliche Stellen gingen verloren.
       
       Vor allem Projekte für Frauen sind es, die durch die Sparpläne gefährdet
       sind. Ernst-Basten zufolge stehen die Frauenhäuser und die Frauenberatung
       auf der Sparliste ganz oben. Diese sollen auf einem niedrigerem Niveau
       weitergeführt werden. "Das halten wir für unangemessen gegenüber
       Gewaltopfern und für volkswirtschaftlich kurzsichtig", sagt er. In
       Schleswig-Holstein gibt es 16 Frauenhäuser. 2009 fanden darin 1.130 Frauen
       und 1.063 Kinder Zuflucht.
       
       Außerdem sollen dem Papier der Haushaltsstrukturkommission zufolge die
       Beratungsstellen "Frau & Beruf" nicht länger gefördert werden. Elf
       Beratungsstellen gibt es im Land, pro Jahr führen sie durchschnittlich mehr
       als 10.000 Beratungen zu den Themen Wiedereinstieg, Kinderbetreuung oder
       Existenzgründung durch. "Zum Abbau von Doppelstrukturen", heißt es in dem
       Papier, stelle das Land ab 2014 die Zahlung der Fördersumme von bis zu
       633.000 Euro ein. Bereits ab 2011 würden die Zuschüsse an die Träger von
       "Frau & Beruf" sinken.
       
       Auf eine Besinnung der Landesregierung hofft indes die Linkspartei.
       "Ministerpräsident Carstensen braucht nicht einmal das Landeshaus zu
       verlassen, um zu sehen, dass Kürzungen bei Frauenhäusern und
       Beratungsstellen schwerwiegende soziale, finanzielle und menschliche Folgen
       hat", sagt Ranka Prante, gleichstellungspolitische Sprecherin. "Ich hoffe,
       es finden sich in allen Fraktionen Frauen und auch Männer, die sich diesen
       Plänen entgegenstellen."
       
       8 Jun 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uta Gensichen
       
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