# taz.de -- Kolumne Afrika Afrika: Im Reich von König Etoo
       
       > Auch wenn Kameruns Stürmer Etoo längst die spanische Staatsbürgerschaft
       > angenommen hat: Der Superstar ist Symbol dafür, dass es jeder schaffen
       > kann.
       
       Den Auftakt hatte sich Fred anders vorgestellt. "Gegen Japan zu verlieren
       ist hart", gibt der 22-jährige Student aus Douala, Kameruns größter Stadt,
       zu. "Aber das ändert nichts daran, dass wir weiterkommen!" Fred trägt
       täglich sein persönliches Fan-Trikot, das der Künstler Njoreur gemalt hat:
       Vorne und hinten steht die Nummer 00, darüber stehen die Namen der Fans
       oder auch kunstvolle Wappen. "Jedem sein Trikot, dann werden wir
       Weltmeister", strahlt er.
       
       Aber Njoreurs Fan-Trikots haben sich nicht durchgesetzt. "Hier wollen die
       Leute nur eines: Etoo, Etoo, Etoo", freut sich der Straßenverkäufer Didier.
       Auch wenn Etoo längst die spanische Staatsbürgerschaft angenommen hat
       (zusätzlich zur kamerunischen, versteht sich), sein Ruf als
       Vorzeigekameruner ist ungebrochen. Auf Plakatwänden wirbt sein Konterfei
       für Banken, Mobilfunkbetreiber, Brauereien. "Hier an der ,FC Barcelona
       Kreuzung' haben wir ihm ein Denkmal errichtet", sagt Touristenführer Muna
       und zeigt auf eine aus Beton geformte und krude bemalte Figur, die
       meisterhaft einen Ball balanciert.
       
       Muna hat natürlich Etoo als Kind gekannt, so wie sehr viele Einwohner
       Doualas. "Ehrlich gesagt, im Vergleich zu vielen anderen haben wir Etoo gar
       nicht bemerkt", gibt Muna immerhin zu. "Es gab einige Jungs, die viel
       talentierter schienen - Etoo war eher unauffällig." Zu den Stationen auf
       Munas ,Etoo-Tour' gehört die Mongo-Joseph-Schule, die Samuel Etoo bis zur
       7. Klasse besuchte. Wenn Besucher kommen, hüpfen die Jungs auf dem Hof auf
       und ab und zeigen, wie gut sie den Ball beherrschen.
       
       "Da lang, ganz am Ende der Straße, da ist Samuel geboren", weiß Charles
       Seppé, Präsident des Parlement Neuf. Das "Parlament der neun" ist Kameruns
       ältester und berühmtester Etoo-Fanclub, gegründet von acht Freunden, die
       mit ihm in den schlammigen Straßen der Vorstadt New Bell spielten, bevor er
       nach Spanien ging. Der neunte Platz im Parlament wird für den Star selbst
       freigehalten. "Dieser Platz, der ist für Etoo ein zweites Zuhause", sagt
       Clubgründer Olivier Diallo. Strom gibt es hier bis heute nicht. Ihre
       Flaschen Isenbeck-Bier leeren die "Abgeordneten" im Schein einer rußenden
       Kerosinlampe. Dann bestellen sie die nächste Flasche.
       
       Friseur Seppé hat Fotos mitgebracht: Er und Etoo, Etoo und Seppés Frau,
       Etoo und andere Freunde von der Rue Babylone. Hier steht eine Bretterbude
       neben der anderen, an Spieltagen quäken aus scheppernden Transistorradios
       die Stimmen der Kommentatoren. Das "Parlament" betreibt auch seinen eigenen
       Fußballclub, selbst eine Kindermannschaft gibt es. "Das ist der Traum aller
       Kinder: eine Karriere wie Samuel hinzulegen und berühmt zu werden."
       
       Kamerun ist ein armes Land. Der Superstar ist Symbol dafür, dass es dennoch
       jeder schaffen kann. Um den Nachwuchs bemüht sich auch Kameruns Präsident
       Paul Biya. Der seit 28 Jahren regierende Biya, der sich 2011 erneut zur
       Wahl stellt, baut mit chinesischer Hilfe ein Multifunktionsstadion für
       60.000 Zuschauer in der Hauptstadt Yaoundé, das er unbescheiden nach sich
       selbst benennen will. Weitere Stadien in Douala, Bafoussam und Limbé sollen
       folgen. "Irgendwann richten wir selbst eine WM aus", glaubt der 20-jährige
       Francis, ein Straßenverkäufer mit Rastalocken. "Aber erst mal werden wir
       Weltmeister."
       
       19 Jun 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marc Engelhardt
       
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