# taz.de -- Eklat beim Christopher Street Day: Judith Butler spielt nicht mit
       
       > In der Berliner Volksbühne rief Judith Butler zum gemeinsamen Kampf gegen
       > Diskriminierung auf. Den CSD kritisierte sie als zu kommerziell und
       > lehnte einen Zivilcouragepreis ab.
       
 (IMG) Bild: Er freut sich an seiner Schönheit, Judith Butler aber ist der CSD zu kommerziell.
       
       "Wir sind miteinander verbunden von Anfang an" - diese etwas hippiesk
       anmutende Aussage Judith Butlers bildet die Grundlage ihrer Theorie zu
       queerer Bündnispolitik. Unser Glück läge in den Händen anderer, weil wir
       als soziale Wesen immer schon im Verhältnis zu anderen ständen. Davon
       ausgehend beschrieb die US-amerikanische Philosophin und
       Literaturwissenschaftlerin am vergangenen Freitag, unter welchen
       Voraussetzungen sie politische Zusammenschlüsse diskriminierter
       Minderheiten für möglich und nötig hält.
       
       Wie zu erwarten war die Berliner Volksbühne restlos ausverkauft, denn die
       Ikone der postmodernen feministischen Theorie war angereist, um über
       "Queere Bündnisse und Antikriegspolitik" zu reden. In ihrem Vortrag
       befasste sie sich mit dem Kampf diskriminierter Minderheiten um
       Gleichberechtigung und Freiheit. Ausgangspunkt ihrer Überlegungen war die
       Forderung, queere Aktivisten müssten sich im öffentlichen Raum
       positionieren, um im Sinne einer radikalen Demokratie grundlegende Rechte
       einzufordern und auszuüben. Politische Veränderungen seien nur möglich,
       wenn heterogene Bündnisse gemeinsam für ihre Forderungen auf die Straße
       gingen.
       
       Als positives Beispiel hob sie hervor, dass in der Türkei
       Menschenrechtsaktivisten gemeinsam mit Homosexuellen und
       Transgenderpersonen gegen Polizeigewalt und Militarismus demonstriert
       hatten. Physische und psychische Gewalt gegen sexuelle und
       Gender-Minderheiten und deren Pathologisierung und Kriminalisierung seien
       ein alltäglicher, weltweit verbreiteter Missstand, der immer wieder
       kritisiert werden müsse.
       
       Dafür bedürfe es Allianzen, die in der Lage seien, interne Differenzen
       anzuerkennen und so gemeinsam gegen Rassismus, Nationalismus, Homo- und
       Transphobie kämpfen könnten.
       
       Wie sehr Butler selbst bereit ist, ihre Grundsätze im Sinn einer linken
       Bündnispolitik aufzuweichen, zeigte sie im Jahr 2006 bei einem Teach-In in
       Berkley: Auf Nachfrage aus dem Publikum erklärte sie, dass sie Hamas und
       Hisbollah für progressive soziale Bewegungen hielte, die Teil der globalen
       Linken seien. Das patriarchale, homophobe und antisemitische Gedankengut
       dieser islamistischen Gruppen sowie ihre Gewaltbereitschaft scheinen dabei
       weder Butlers Queer Theory noch ihrer Vorstellung von Antimilitarismus im
       Wege zu stehen.
       
       Wesentlich kritischer verhielt sich Butler gegenüber dem queeren
       Mainstream, als sie am Samstagabend den Zivilcouragepreis zurückwies, der
       ihr in diesem Jahr vom Berliner CSD am Brandenburger Tor verliehen werden
       sollte und anlässlich dessen sie ihren Vortrag gehalten hatte. Während ihr
       das Publikum am Vorabend noch zu Füßen lag und selbst ihre Versprecher mit
       viel Applaus goutierte, bekam es auf dem CSD die kalte Dusche.
       
       Butler begründete ihre Entscheidung mit der Aussage, der Berliner CSD sei
       ihr zu kommerziell und zu wenig antirassistisch. Der Transgeniale CSD, der
       seit Jahren eine linksradikale Alternative zum CSD darstellt und am
       26.06.2010 von Neukölln nach Kreuzberg zieht, bekam dagegen von ihr
       ausdrückliches Lob.
       
       Das mit der queeren Bündnispolitik ist eben doch nicht ganz so einfach.
       
       21 Jun 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Zoé Sona
       
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