# taz.de -- Rede von Präsidenten-Kandidat Gauck: Der Agenda-Bürgerrechtler
       
       > Harter Tobak für Rot-Grün: Bei einer Rede von Bundespräsidenten-Kandidat
       > Joachim Gauck mussten seine Unterstützer schlucken - bei den Themen
       > Afghanistan und Arbeitsmarkt.
       
 (IMG) Bild: Priesterliche Art im altehrwürdigen Theater: Joachim Gauck.
       
       An mancher Stelle wird sich Sigmar Gabriel an diesem Dienstag über die
       Worte gefreut haben, die er vor kurzem an seine SPD-Parteikollegen
       gerichtet hatte. Gauck werde "uns nicht fragen, ob dies oder das in die
       Parteiprogramme von SPD und Grünen passt", hatte der Parteichef prophezeit.
       Ein Satz, an den er immer würde erinnern können, sollte sein konservativ
       gesinnter Kandidat unbequeme Positionen vetreten.
       
       An diesem Dienstag war es so weit, Gauck hielt seine Grundsatzrede im
       Deutschen Theater in Berlin-Mitte, und SPD und Grüne warteten mit Spannung
       auf das Unberechenbare. Es ließ nicht lange auf sich warten.
       
       Zum Beispiel beim Thema Afghanistan: Er könne die Beteiligung nicht
       verurteilen, "solange Soldaten aus Solidarität eingesetzt werden", sagte
       Gauck. Das sehen viele Rot-Grüne mittlerweile anders. Oder seine Ideen zur
       solidarischen Gesellschaft. Die ermächtige "die Hilfsbedürftigen vor allem,
       wieder für sich selbst zu sorgen". Es klang nach einem Leitsatz der
       mittlerweile zum Mond geschossenen Agenda 2010. Oder seine Worte zu den
       Abgehängten der Gesellschaft. Zu denen wolle er "nicht gnädig sein" -
       zumindest, wenn sie nicht wählen gingen. Was wird da erst die Linkspartei
       gedacht haben? Gerade hatte unter anderem deren Politiker André Brie
       angekündigt, in einem dritten Wahlgang Gauck gegen den Unions-Kandidaten
       Christian Wulff zu unterstützen.
       
       Während Gauck auf der Bühne des altehrwürdigen Theaters steht und in seiner
       priesterlichen Art spricht, müssen sich die Parteispitzen mit dem Blick aus
       der zweiten Reihe begnügen. Lediglich SPD-Politiker Wolfgang Thierse, wie
       Gauck aus der Bürgerrechtsbewegung, sitzt wie CDU-Mann Kurt Biedenkopf in
       der ersten Reihe. Biedenkopf hatte sich zuvor vehement dagegen eingesetzt,
       die Wahl parteitaktisch zu instrumentalisieren.
       
       Gauck spielt mit dieser sichtbaren Distanz zur Politik. Sie hat ihn in den
       vergangenen Wochen so populär gemacht hat, dass sich auf den Seiten des
       Internetdienstes Facebook Tausende als seine Unterstützer eingetragen
       haben. Eine "eigentümliche Suchbewegung", nennt Gauck es, auf "einer Seite,
       die ich nie besucht habe".
       
       Gauck, der Anti-Politiker 
       
       Auch an diesem Dienstag punktet Gauck als Anti-Politiker mit gebrochener
       Biografie. Das ostdeutsche Wendemotto "Wir sind das Volk" sei doch zu
       vergleichen mit Obamas "Yes, we can". Und inspiriert worden sei er in den
       sechziger Jahren vom US-amerikanischen Bürgerrechtler Martin Luther King.
       
       Bei so viel Pathos war nach der Rede auch bei den Parteispitzen alle Sorge
       dahin: "Herzenswärme und Empathie" habe er ausgestrahlt, sagte die Grüne
       Claudia Roth. Auch wenn sie manchmal gedacht habe: "Das hätte ich jetzt
       anders gesagt."
       
       Gauck selbst genoss nach der Rede den stehenden Applaus. "Lampenfieber"
       hatte er vor der Rede, sagte er der taz, "viele Gedanken" habe er sich
       darum gemacht, was er sagen wolle. Denn eines sei ihm ja klar gewesen: "Es
       durfte nicht wie eine Regierungserklärung klingen".
       
       23 Jun 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gordon Repinski
       
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