# taz.de -- Videoüberwachung: Keine Polizei-Peepshow am Kiez
       
       > Oberverwaltungsgericht untersagt der Polizei, den Hauseingang einer
       > Reeperbahn-Anwohnerin zu filmen - denn dafür gibt es keine gesetzliche
       > Grundlage.
       
 (IMG) Bild: Darf nicht mehr in den Hauseingang spähen: Ein Polizist vor Monitoren der Reeperbahn-Kameras im Polizeipräsidium.
       
       Ein Hauch von Radio Eriwan: Im Prinzip ja, aber bitte auf solider
       gesetzlicher Basis - so nicht. So lässt sich inhaltlich die dreistündige
       mündliche Verhandlung vor dem Polizei-Senat des Hamburgischen
       Oberverwaltungsgerichts (OVG) zur Videoüberwachung der Reeperbahn
       zusammenfassen. Konkret ist am gestrigen Dienstag nur das Filmen eines
       einzelnen Hauses vom OVG untersagt worden, andere Reeperbahn-Bewohner
       können jedoch jetzt ebenfalls auf Unterlassung klagen. Dann muss die
       Polizei entweder ihre zwölf Kameras neu positionieren oder aber durch
       technische Programmierung wesentliche Sequenzen schwarz schalten.
       
       Geklagt hatte eine St. Paulianerin, die eine Wohnung im 2. Stock auf der
       Reeperbahn nahe der Großen Freiheit bewohnt. Als 2006 die Kameras
       installiert worden sind, bemerkte sie, dass ein Videoauge direkt durch das
       Fenster in ihre Wohnung lugen kann. Im Zuge einer einstweiligen Verfügung
       und später auch im Hauptverfahren vor dem Verwaltungsgericht setzte ihr
       Anwalt Dirk Audörsch zwar durch, dass die Kamera vor dem Haus beim
       Schwenken und Zoomen ab dem 2. Stock blind geschaltet wird, nicht jedoch,
       dass die Überwachung des Parterres und des Hauseingangs zu unterbleiben
       habe.
       
       "Das war zu kurz gedacht", rüffelte der Vorsitzende Richter Joachim Pradel
       nun seine Kollegen der Vorinstanz. Denn das Polizeigesetz zur
       Datenspeicherung lasse lediglich die Videoüberwachung "öffentlicher
       Straßen, Wege und Plätze" zu, nicht jedoch das Filmen der angrenzenden
       Geschäfte, Gaststätten sowie Haus- oder Kneipeneingänge. Es biete daher
       keine rechtliche Grundlage für einen solchen Eingriff in das Grundrecht auf
       informationelle Selbstbestimmung. "Gerade in Hauseingängen lassen sich
       Bewegungs- und Kontaktprofile erstellen", sagte Pradel.
       
       Polizeijustiziarin Jana Traulsen beharrte darauf, dass die Polizei zur
       Strafverhütung und Strafverfolgungsvorsorge auch Videobilder von den
       Randereignissen auf den öffentlichen Plätze brauche, weil sich auch dort
       Straftaten ereignen könnten. Wenn das vom Gesetzgeber so gewollt wäre,
       hätte er Normenklarheit schaffen und dies im Gesetz verankern müssen,
       konterte Pradel. Grundrechte auszuhebeln, nur weil sich die Bevölkerung
       subjektiv sicherer fühle, sei unzulässig, sagte Pradel. Seiner Auffassung
       nach müssten die Videokameras nur anders installiert werden, um die
       Reeperbahn einsehen zu können, ohne in die Hauseingänge zu filmen.
       
       Grundsätzlich hält das OVG die Videoüberwachung im Kriminalitätsschwerpunkt
       Reeperbahn zwar für zulässig, bezweifelt aber die Effektivität: "Die
       Hoffnung, dass durch Videoüberwachung die Zahl Straftaten sinkt, hat sich
       nicht bewahrheitet", lautet Pradels Resümee. "Die Straftaten sind deutlich
       gestiegen."
       
       22 Jun 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai von Appen
       
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