# taz.de -- Ausschreitungen bei G-20 Protesten: Kritik an brutalem Polizeieinsatz
       
       > Nach der Randale am Samstag gingen Sicherheitskräfte am Sonntag mit
       > übermäßiger Härte vor. Unter Einsatz von Tränengas und Schlagstöcken
       > wurden über 500 Menschen festgenommen.
       
 (IMG) Bild: Trost im Polizeikessel: Auch unbeteiligte Passanten mussten stundenlang im Regen ausharren.
       
       TORONTO taz | Die Staatschefs der G-20 sind wieder abgereist, doch in
       Toronto geht der Streit über die Sicherheitsmaßnahmen und das Vorgehen der
       Polizei erst richtig los: Während Geschäftsinhaber die Frage stellten,
       warum die Innenstadt nicht besser geschützt war, werfen die Organisatoren
       der Proteste und Bürgerrechtler der Polizei ein übermäßig brutales Vorgehen
       vor.
       
       Im Anschluss an eine friedliche Demonstration von rund 10.000 Menschen
       gegen die G-8- und G-20-Gipfel waren am Samstagnachmittag in Toronto aus
       einer Gruppe von mehreren hundert Menschen heraus drei Polizeiwagen in
       Brand gesteckt sowie die Scheiben von zahlreichen Banken und Geschäften
       eingeschmissen worden. Während die Polizei die Randale auf der
       Haupteinkaufsstraße der Stadt über zwei Stunden unbehelligt geschehen ließ,
       ging sie anschließend um so härter vor – auch gegen friedliche
       Demonstranten und Unbeteiligte.
       
       Noch am Samstagabend wurden 150 Menschen unter Einsatz von Tränengas und
       Schlagstöcken festgenommen; bis zum Sonntagmorgen stieg diese Zahl auf über
       400. Unter anderem vehaftete die Polizei sämtliche 70 Menschen, die in
       einer Turnhalle auf dem Universitätsgelände übernachteten. Auch ein Park,
       in den sich Demonstrationsteilnehmer zurückgezogen hatten, wurde nach
       Augenzeugenberichten unter Einsatz massiver Gewalt, unter anderem durch
       berittenene Polizisten, komplett geräumt.
       
       Im Lauf des Sonntag kam es zu weiteren Massenfestnahmen, zunächst bei einer
       Kundgebung vor dem provisorischen Gefängnis in Toronto, am Abend dann bei
       einer weiteren Demonstration: Rund 200 Menschen, darunter neben
       Demonstranten auch unbeteiligte Passanten und Journalisten, wurden
       Medienberichten zufolge eingekesselt und mussten drei Stunden lang im
       strömenden Regen ausharren, bevor praktisch alle festgenommen wurden.
       
       Nathalie Des Rosiers von der Kanadischen Bürgerrechtsvereinigung (Canadian
       Civil Liberties Union) beklagte das Missverhältnis zwischen „50 bis 100
       Randalierern“ und „500 Personen, die festgenommen wurden und ohne Zugang zu
       Anwälten festgehalten werden“. Vorgeworfen wurde den Festgenommenen
       überwiegend geringfügige Vergehen wie die Teilnahme an einer ungenehmigten
       Demonstration oder die Behinderung der Polizei.
       
       Die Haftbedingungen waren nach Aussage derjenigen, die nach Stunden
       schließlich auf Kaution freigelassen wurden, katastrophal. Sie sei 19
       Stunden lang in einer winzigen kalten Zelle festgehalten worden, ohne den
       gesetzlich vorgeschriebenen Kontakt zu Anwälten oder Angehörigen,
       berichtete eine 20-Jährige nach ihrer Freilassung. Andere berichteten, dass
       sie nur alle sechs Stunden ein Glas Wasser und unzureichende Verpflegung
       bekommen haben.
       
       Das „Toronto Community Mobilization Network“, das die Proteste gegen den
       G-20-Gipfel koordiniert hat, übte scharfe Kritik an der Polizei und äußerte
       Verständnis für die Sachbeschädigungen in Toronto. „Die Einschüchterung und
       Repression durch die Polizei haben die Wut und den Ärger über die Politik
       der G8 und G20 verstärkt, die das Leben der Menschen weltweit zerstören“,
       teilte das Bündnis mit. „Das ist der Grund, warum Menschen Banken und
       multinationale Konzerne sowie Polizeieigentum angegriffen haben.“
       
       Eine gegenteilige Stellungnahme kam von den kanadischen Gewerkschaften, die
       zu den Hauptorganisatoren der Demonstration gehörten. „Wir verabscheuen das
       Verhalten einer kleinen Gruppe, die Vandalismus ausgeübt hat“, teilte Ken
       Georgetti, Präsident des Canadian Labour Congress mit. Auch Sid Ryan von
       der Ontario Labour Confederation, der bei der Kundgebung eine scharfe Rede
       gegen die massiven Sicherheitsmaßnahmen in Toronto und deren Kosten
       gehalten hatte, verurteilte Medienberichten zufolge die Gewalt von Seiten
       der Demonstranten.
       
       28 Jun 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
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