# taz.de -- Spanien nächster Deutschland-Gegner: Erfolg der Minimalisten
       
       > Nichts mit Tiki-Taka der Spanier und trotzdem das erste Mal in einem
       > WM-Halbfinale. Eine Einzelaktion entscheidet in der 83. Minute nach zwei
       > verschossenen Elfern das Viertelfinale.
       
 (IMG) Bild: Hält den Elfmeter: Spaniens Keeper Iker Casillas (re) gegen Oscar Cardozo (im Hintergrund) aus Paraguay.
       
       BERLIN taz | Die Spanier waren baff, irritiert, orientierungslos. Fehler
       reihte sich an Fehler: die Bälle versprangen, die Zuspiele wollten nicht
       ankommen und jeder Flankenball wurde vom Kopf eines Paraguayers aus der
       Flugbahn geworfen. Absurd mutete das zuweilen an, so dass man sich fragen
       wollte, ob sich da nicht mindestens eine Hydra in die Reihen der Albirroja
       geschlichen hatte. Spanien jedenfalls war verschreckt, die Iberer hatten
       ihren Kompass und ihren Instinkt verloren, das sonst so flüssige Passspiel
       verhärtete sich nicht nur, es zerbröckelte auch.
       
       Mit den weit vorne attackierenden Paraguayern hatten sie offenbar nicht
       gerechnet. Ein Geduldsspiel aus der Favoritenrolle, darauf waren sie
       eingestellt gewesen, aber eines, bei dem man sie spielen lassen würde. Dass
       der Gegner die Räume geschickt zustellen würde, dass sie ihre Spieler immer
       wieder doppeln, ja tripeln würden - geschenkt. Dann müsste man eben warten,
       so lange, bis sich eine Gelegenheit bieten würde, und diese würde
       irgendwann kommen.
       
       Dass die Paraguayer sie aber bereits so früh im Spielaufbau stören würden
       (der nimmermüde Valdez stürzte sich sogar auf Torwart Casillas), jede
       Kombination schon im Ansatz erstickend, das war nicht geplant gewesen. Die
       Konfusion war offensichtlich und so dauerte es bis zur 30. Minute, als Xavi
       den ersten Torschuss abgab.
       
       Die erste Halbzeit im Ellis Park in Johannesburg zeigte ein Spiel, in dem
       die eine Mannschaft nicht recht wusste, was sie zu tun hatte, die andere
       dafür aber ganz genau.
       
       Paraguays Trainer Gerardo Martino hatte im Vergleich zur trostlosen
       Achtelfinalpartie gegen Japan gleich sechs Mal gewechselt und dabei unter
       anderem die bisher gesetzten Stürmer Barrios und Santa Cruz herausgenommen.
       Vorne stürmten Valdez und Cardozo, sie spielten im 4-4-2 wie gegen Italien,
       nicht im 4-3-3 wie in den anderen Partien. Wechsel und Taktik gingen auf,
       den Spaniern bescherten sie die erwähnten Probleme und selber kamen die
       Paraguayer immer wieder Mal gefährlich vor das Tor der Spanier. Einmal
       sogar mehr als das, in der 41. Minute brachte Valdez die Kunststoffkugel im
       Kasten unter, Schiedsrichter Carlos Batres entschied aber auf eine
       (passive) Abseitsstellung von Cardozo. Eine diskussionswürdige
       Entscheidung.
       
       In der zweiten Hälfte zunächst das gleiche Bild. Bis zur 57. Minute. Dann
       wurde es kurios, furios, dramatisch: Piqué zerrt seinen Gegenspieler
       Cardozo mit aller Macht zu Boden und Schiedsrichter Batres zeigt auf den
       Punkt: Elfmeter für Paraguay. Der Gefoulte tritt an, Casillas hält. Gegen
       Japan hatte Cardozo noch den entscheidenden Strafstoß verwandelt, diesmal
       scheiterte er kümmerlich. Der direkte Gegenzug der Spanier und jetzt ist es
       Verteidiger Alcaraz, der David Villa im Strafraum von Paraguay von den
       Beinen holt. Wieder Elfmeter, diesmal für Spanien. Xabi Alonso legt sich
       den Ball zurecht, schießt, trifft, jubelt - und wird zurückgepfiffen. Der
       Strafstoß muss wiederholt weden und diesmal hält Paraguays Torwart Villar.
       Dass er im Nachsetzen den eingewechselten Fabregas klar von den Beinen holt
       und es demnach noch einen zweiten Elfmeter für Spanien hätte geben müssen,
       geht in der Aufregung vollkommen unter.
       
       Die zwei Elfmeter wirkten wie ein Aufputschmittel für die Partie, die jetzt
       unruhiger wurde, schneller und wilder. Taktische Fesseln fielen auf beiden
       Seiten, Überlegungen wurden verworfen und diese leichte Bewusstlosigkeit
       tat insbesondere den Spaniern gut. Sie fanden ihre Instinkte wieder, der
       Kompass funktionierte nun besser und der Ball lief geschmeidiger. Iniesta
       setzte zu einem herrlichen Schlenzer vom linken Strafraumeck an, aber
       Villar hielt erneut (63.). In der 83. Minute dann das Tor, das die Spanier
       ins Halbfinale brachte: Iniesta mit Traumpass auf den für Xabi Alonso
       gekommenen Pedro, der setzt den Ball an den Pfosten. Der Abpraller kommt zu
       Villa, der schießt, rechter Pfosten, linker Pfosten und von dort springt
       der Ball schließlich ins Tor. Eine willkürliche Entscheidung, genauso gut
       hätte er wieder rausspringen können, es hätte in der Tat zum Spiel gepasst.
       
       Ganz vorbei war es damit immer noch nicht, Santa Cruz hatte kurz vor Ende
       noch die große Chance zum Ausgleich, aber Casillas rettete in höchster Not
       und sicherte den Spaniern den Sieg. Der Favorit gewinnt also, atmet einmal
       tief durch und trifft dann am Mittwoch auf Deutschland. Paraguay trauert
       nach großer Leistung und kann doch den größten WM-Erfolg der eigenen
       Fußball-Geschichte feiern.
       
       3 Jul 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominik Wehgartner
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Deniz Yücel
       
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