# taz.de -- Odenwaldschule: Pädophile Netzwerke
       
       > Eine Expertenanhörung an der Odenwald-Schule zeigt: Missbrauch findet
       > nicht zufällig statt, die Täter entwickeln beinahe professionelle
       > Strategien und schützen sich gegenseitig.
       
 (IMG) Bild: 100 Jahre Odenwaldschule: Sexueller Missbrauch an Schüler hatte hier System.
       
       OBERHAMBACH taz | Was Ingo Weiss von der Deutschen Sportjugend zu berichten
       hatte, schockierte die Festgesellschaft. "Pädophile verabreden sich im
       Netz, um in bestimmte Sportvereine einzutreten - weil die nicht so genau
       hingucken beim Missbrauch", sagte der Chef des Sportverbands, der das Thema
       schwerpunktmäßig verfolgt. Das 100-jährige Jubiläum der Odenwaldschule,
       ursprünglich gedacht, um die reformpädagogische Einrichtung zu feiern,
       offenbarte, dass Missbräuche nicht zufällig, sondern gezielt stattfindet.
       In Vereinen, Jugendgruppen und Bildungseinrichtungen.
       
       Es ist, als würde der Gesellschaft die Unschuld geraubt. Nach dem
       Bekanntwerden hunderter Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen und
       an der Odenwaldschule Oberhambach beschäftigt sich die Öffentlichkeit wie
       nie zuvor mit dem Thema. Die Nachfrage nach dem Nottelefon, das die
       Unabhängige Beauftragte für Missbrauch, Christine Bergmann, eingerichtet
       hat, ist enorm. Seit April gibt es 700 schriftliche und 800 telefonische
       Berichte. "60 Prozent derer, die sich melden, reden das erste Mal über den
       Missbrauch", sagte Bergmann, die von der Bundesregierung berufen worden
       ist.
       
       Als eine besondere Problemgruppe entpuppen sich die Männer und Jungen.
       Ihnen fällt es besonders schwer, über erlittene sexuelle Übergriffe zu
       berichten. Männer äußern sich bei Bergmanns Stelle häufig schriftlich, und
       sie berichten über Fälle, die teilweise sehr lange zurückliegen. Julia von
       Weiler von der Organisation "innocence in danger" und Christine Bergmann
       berichteten übereinstimmend, dass es zu wenige Beratungs- und
       Therapieplätze für Männer gebe. "Es fehlen Einrichtungen, die sich um
       Männer und Jungen kümmern", so Bergmann.
       
       Auch an der Odenwaldschule zeigte sich, dass es beinahe professionelle
       Täterstrategien und Schutznetzwerke gibt. Aus den Berichten, die der Schule
       vorliegen, zeigt sich, dass Lehrer der angesehenen Einrichtung gezielt mit
       Noten Kinder zum Schweigen brachten oder auch für Sex belohnten. Als eine
       Gruppe von Schülern zwischen 8 und 12 Jahren sich schon 1966 an den
       Schulleiter wandte, wurde nur einer der beiden Täter von der Schule
       geworfen - und der Schüler, der als Sprecher der Gruppe auftrat. Die
       Aufklärerin der Schule, Claudia Burgsmüller, sagte, "dass es energischen
       Widerstand der Schüler gegen den Missbrauch gegeben hat".
       
       Die Schüler der Odenwaldschule forderten "eine interne Vertrauensperson für
       aktuelle Fälle". Dafür formulierten die Schüler zwei Voraussetzungen: Es
       dürfen keine Lehrer sein - und sie sollen der Schweigepflicht unterliegen.
       
       9 Jul 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Füller
       
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