# taz.de -- Schwarz-Grün nach Volksentscheid: Zitterwochen in Hamburg
> Wie geht es nach dem Rücktritt von Bürgermeister von Beust und der
> Volksabstimmung weiter in Hamburg? Klar ist: Nachfolger Ahlhaus muss bei
> den Grünen Sympathiepunkte sammeln.
(IMG) Bild: Bürgermeister weg, Volksentscheid gewonnen: Land unter in der Hamburger Politik.
HAMBURG taz | Noch-Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) wird jetzt viele
grüne Klinken putzen müssen, vermutet ein CDU-Abgeordneter in der Hamburger
Bürgerschaft. Es gebe jetzt ganz viel Erklärungsbedarf von Seiten der CDU,
bestätigt der grüne Justizsenator Till Steffen. Der Fortbestand der
schwarz-grünen Koalition in Hamburg hängt- das deuten diese Aussagen an -
von der Glaubwürdigkeit des designierten Bürgermeisters Christoph Ahlhaus
ab und dem Bauchgefühl der grünen Basis.
Der "Schwarze Sonntag"
Am Tag nach dem "Schwarzen Sonntag", an dem Hamburgs Regierungschef Ole von
Beust (CDU) seinen Rücktritt zum 25. August ankündigte und der
Volksentscheid über die schwarz-grüne Schulreform verloren wurde, herrscht
Katerstimmung in der Hamburger Politik. Die Niederlage beim Referendum sei
"eine große Enttäuschung", sagt die Zweite Bürgermeisterin und
Schulsenatorin Christa Goetsch (Grüne) am Montag im überfüllten Pressesaal
des Hamburger Rathauses. Von einer "bitteren Pille" spricht der Partei- und
Fraktionschef der Hamburger CDU, Frank Schira.
Es sei leider "nicht gelungen, die Menschen zu überzeugen", lautet Schiras
Erkenntnis, Gründe dafür aber habe er nicht parat. Die Einzelergebnisse
nach Stadtteilen oder sozialen Schichten gelte es nun auszuwerten. "Das
werden wir in der CDU und in der Koaltion genauestens analysieren", sagt
Schira, dann sehe man weiter. Und Christa Goetsch versichert, dass der
Volksentscheid gilt: "Das akzeptieren wir." Es handele sich um eine
Sachentscheidung, von einem Rücktritt wolle sie deshalb nichts wissen.
Außerdem sei es nicht ihre Art, "bei schwerer See das Schiff zu verlassen".
Diese Aussage wolle sie aber nicht als Kritik am Ersten Bürgermeister Ole
von Beust verstanden wissen, setzt Goetsch sofort hinzu. Dass von Beust am
Sonntagabend sein Ausscheiden angekündigt hat, "müssen wir schweren Herzens
respektieren". Die Vorstellung davon, wie es nun weitergehen solle, "ist
noch unklar", räumt Goetsch ein. Die Frage nach Neuwahlen, von den
Oppositionsparteien SPD und Linkspartei sowie allen Hamburger Medien
gefordert, stelle sich nicht, sagen Goetsch und Schira - und müssen hören,
wie der grüne Fraktionschef Jens Kerstan ein relativierendes "im Moment"
hinzufügt.
Ahlhaus muss überzeugen
Der 40-jährige Innensenator Ahlhaus, der vom Landesvorstand der CDU am
Sonntag als von Beusts Nachfolger vorgeschlagen wurde und am Montagabend
auf einer Sondersitzung der CDU-Bürgerschaftsfraktion offiziell nominiert
werden sollte, "muss uns darlegen, wie er die Zusammenarbeit in der
Koalition fortsetzen will", sagt Kerstan. Der scheidende Ole von Beust sei
"die zentrale Figur" im Senat und der Mann, "ohne den es Schwarz-Grün wohl
nicht gegeben hätte".
Und außerdem sei von Beust aus Sicht der Grünen "der Garant für die
Hamburger CDU als liberale Großstadt-Partei", stellt Kerstan klar und lässt
durchblicken, dass die Fortsetzung dieses Kurses unter Christoph Ahlhaus
nicht als unbedingt selbstverständlich gelten müsse. "Die CDU und Herr
Ahlhaus müssen jetzt klare Signale geben", fordert er: "Bleibt es dabei
oder nicht?" Und letztlich werde die Basis der Grünen auf einem Parteitag
am 22. August befinden müssen, ob sie mit der Antwort zufrieden ist oder
nicht.
Damit hat der Fraktionsvorsitzende der Grünen deutlich die Koalitionsfrage
gestellt. Nach dem "Schwarzen Sonntag" könne nicht einfach weitergemacht
werden, als sei nichts geschehen. "Den Wechsel des Bürgermeisters werden
wir in der GAL intensiv debattieren und dann darüber entscheiden."
Geschenke für die Grünen
Damit hat für Ahlhaus eine sechswöchige Zitterpartie begonnen. Er wird den
grüne Koalitionspartner beschwichtigen müssen, vielleicht muss er auch noch
ein paar Geschenke rüberreichen. Im Herbst beginnen die Beratungen über den
Doppelhaushalt 2011/2012, und es könnte zum Beispiel sein, dass die Grünen
beim Regierungschef in spe für das eine oder andere ihrer Lieblingsprojekte
finanziellen Biotopschutz einfordern.
Ahlhaus selbst hat bislang lediglich versichert, er wolle die "engagierte
und vertrauensvolle Zusammenarbeit in der schwarz-grünen Koalition
fortsetzen". Ihm ist klar, dass er den Grünen keine Verschärfungen in der
inneren Sicherheit oder in der Abschiebepolitik zumuten kann. Denn
letztlich bestimmen jetzt die Grünen den Preis, den von Beusts Nachfolger
für den Fortbestand des Bündnisses über den 25. August hinaus entrichten
muss.
Wenn der nicht stimmt, könnte die GAL die Koalition verlassen. Dann gäbe es
im November Neuwahlen.
20 Jul 2010
## AUTOREN
(DIR) Sven-Michael Veit
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