# taz.de -- Starke Unwetter in Südchina: Wassermassen fordern über 100 Tote
       
       > Starke Regenfälle haben in Südchina bereits zahlreiche Opfer gefordert.
       > Der umstrittene Drei-Schluchten-Damm am Jangtse hält den Fluten bislang
       > stand.
       
 (IMG) Bild: Drei-Schluchten-Staudamm in China hält den Fluten derzeit noch stand.
       
       PEKING taz | Heftiger Regen hat Tod und Verwüstung über große Teile
       Zentral- und Südchinas gebracht, Flüsse und Seen schwellen immer weiter an.
       Mindestens 118 Menschen sind bislang in den Fluten und unter Erdmassen
       umgekommen, mehr als 1,3 Millionen Bewohner in elf Provinzen mussten vor
       den Wassermassen fliehen.
       
       Um die dicht besiedelten Regionen zu schützen, haben Soldaten in einigen
       Fällen bereits Dämme vorsätzlich gesprengt und die Fluten über die Felder
       geleitet. Anderswo wiederum kämpfen Rettungstrupps und Anwohner darum,
       Deiche mit Sandsäcken zu verstärken.
       
       Trotzdem stehen bereits mehrere Städte tief unter Wasser. Immer wieder
       rutschen Erdmassen von den Hängen und begraben Hunderte von Häusern, ganze
       Landstriche sind von der Außenwelt abgeschnitten. Millionen Menschen haben
       keinen Strom und kein Trinkwasser. Die wirtschaftlichen Verluste sind
       enorm.
       
       Sommerliche Überschwemmungen gehören seit Menschengedenken zum Alltag
       Chinas. Aber in diesem Jahr sind die Regen früher als gewöhnlich gekommen,
       und sie sind besonders ausdauernd und stark. Erinnerungen an das
       Katastrophenjahr 1998 werden wach: Damals ertranken in den Fluten des
       Yangtse über 4.100 Menschen, 18 Millionen wurden vertrieben.
       
       Auch dieses Mal schaut China gebannt auf den 6.300 Kilometer langen Strom.
       Gewaltige braune Wassermassen drücken gegen die Mauer des
       Drei-Schluchten-Damms und in eine Kette weiterer Stauseen am Oberlauf des
       Jangtse. 70.000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde schossen am Dienstag nach
       offiziellen Messungen in die Tiefe – mehr als 1998. Der
       Drei-Schluchten-Damm – das größte Wasserkraftwerk der Welt – habe damit
       seine bislang schwerste Bewährungsprobe überstanden, heißt es in den
       chinesischen Medien.
       
       "Der Fluthöhepunkt ist hoch, aber er hat noch nicht die Kapazität des Damms
       von 100.000 Kubikmetern pro Sekunde erreicht", sagte Cao Guanjing von der
       Drei-Schluchten-Gesellschaft. "Der Damm kann diesen Druck leicht
       aushalten." Gleichwohl haben die Ingenieure zeitweise vier Schleusentore
       geöffnet, um in den nächsten Tagen für weitere Wassermassen gewappnet zu
       sein. Der Stausee fasst insgesamt rund 22 Milliarden Kubikmeter.
       
       Die Überschwemmungen haben die Debatte über das umstrittene Projekt
       wiederbelebt. Der Bau des 185 Meter hohen Betonwalls und das künstlich
       geschaffene Reservoir von 660 Kilometer Länge war von der Regierung gegen
       den Protest von Umweltschützern und Geologen durchgesetzt worden. Seine
       Befürworter, unter anderem der frühere Ministerpräsident Li Peng,
       rechtfertigten die Vertreibung von rund 1,3 Millionen Anwohnern für den Bau
       nicht nur mit dem großen Gewinn an Elektrizität für China, sondern vor
       allem damit, dass er die zerstörerische Macht des Jangtse zähme und
       Menschenleben rette.
       
       "Der Damm war ursprünglich mit der Begründung gebaut worden, die
       Überschwemmungen des Jangtse zu kontrollieren", erklärte nun eine der
       profiliertesten Gegnerinnen des Projekts, Umweltschützerin Dai Qing. Aber
       nun sei er ein Risiko, weil die Betreiber zu schnell sehr viel Wasser
       ablassen mussten, damit das Reservoir nicht zu stark ansteigt. Das berge
       neue Gefahren für die Bewohner unterhalb des Damms.
       
       Andere Kritiker warnen seit längerer Zeit, durch das Steigen und Fallen des
       Stauseewassers verändere sich der Druck auf die Berghänge ständig. Das
       führe nicht nur zu neuen Erdrutschen, sondern zermürbe womöglich auch die
       Felsen unter und am Rande des Reservoirs.
       
       20 Jul 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jutta Lietsch
       
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