# taz.de -- Naturkatastrophe vor chinesischer Küste: Regime verschleiert Ölpest
       
       > Chinas Behörden versuchen die Ausmaße der Ölkatastrophe im gelben Meer
       > herunterzuspielen. Doch interessierte Bürger schildern die wahren
       > Zustände im Internet.
       
 (IMG) Bild: Aufräumarbeitem im Golf von Mexiko. Ähnliche Bilder von der eigenen Küste möchten Chinas Behörden nicht in der Weltöffentlichkeit sehen.
       
       PEKING taz | Fischer mit nacktem Oberkörper schöpfen mit Strohmatten Öl aus
       dem Meer - täglich zeigt das staatliche chinesische Fernsehen diese Bilder.
       Mitte Juli war in der nordchinesischen Hafenstadt Dalian ein
       Ölsammelbehälter der Firma China National Petroleum Corporation (CNPC)
       explodiert. Tausende Tonnen Öl haben Strände und Gewässer schwer
       verschmutzt.
       
       Die Bilder im Fernsehen sind Beleg für den gelassenen Umgang der
       Staatsführung mit der Katastrophe: Sie meldet unerschöpflicher Einsatz,
       eindrucksvolle Zahlen und mitmachende Erfolgsmeldungen. Dank der 8150
       Fischerboote, 45.000 Helfer, 466.000 Plastiktüten und 430.000 Metern
       Strohmatten haben die Reinigungsarbeiten einen "entscheidenden Erfolg"
       erzielt, lobte die Dalianer Stadtverwaltung. Touristen genießen nun wieder
       den Strand und "optimistische Bewohner" die Meeresfrüchte, heißt es auf
       ihrer Webseite.
       
       Das ist die offizielle Meinung. Die stellen US-Ölexperte Richard Steiner
       und die Umweltschutzorganisation Greenpeace mit ihrem am Montag
       veröffentlichten Untersuchungsbericht aber in Frage. Den Bericht haben
       Chinas Internetnutzer blitzschnell über Diskussionsplattformen,
       Webtagebücher und Mikroblogs verbreitet. Die Zensoren kommen nicht nach,
       oder sie sind angewiesen worden die Volksmeinung zu beobachten.
       
       Also können interessierte Nutzer auch folgendes lesen: Nicht 1500 Tonnen
       wie offiziell behauptet, sondern zwischen 60.000 und 90.000 Tonnen Öl seien
       ins Gelbe Meer bei Dalian geflossen, schätzt Steiner in seinem Bericht. Es
       wären noch "substantielle Ölmengen" auf dem Meer, in Strandnähe und an
       Stränden. Alle Meeresorganismen seien massiv vergiftet worden. Im Sand
       abgelagerte und auf dem Grund versickerte Ölrestestoffe werden die Region
       "auf Jahre" belasten.
       
       Für die offiziellen Darstellungen haben viele chinesische Webuser nur noch
       Spott übrig. "Ein Leben ist für den "großartiger Erfolg der
       Reinigungsarbeiten nichts wert", schreiben mehre von insgesamt 3000
       Kommentatoren im Webforum des Portals QQ unter der Bilderserie des
       Fotographen Jiang He, die das Versinken eines Feuerwehrmannes im Ölteppich
       dokumentierte. Und Chinas "Nachrichtenarbeiter", wie sie sich oft nennen,
       machen ihre eigene Berichterstattung. Im Mikroblog der IT-Firma Sina stellt
       Nutzer "Weitang Nuanhe" Bilder der mit bloßen Händen nach Öl schöpfenden
       Fischer und den in Schutzkleidung verpackten Helfern bei der
       BP-Ölkatastrophe in Mexiko gegenüber. Blogger "Tianyuan Tongyou" aus Dalian
       erklärt, warum sich die Fischer ungeschützt in die Ölteppiche begeben. "Die
       Regierung zahlt den Fischern 1000 Yuan (110 Euro) Reinigungsbeihilfe pro
       Boot und Tag sowie 300 Yuan pro Öltonne", schreibt er, "wie man hört soll
       das Geld von CNPC stammen."
       
       Die Schuldfrage des Unternehmens thematisieren auch Chinas investigative
       Magazine wie CBNweekly oder New Weekly. Der staatliche Ölgigant glänzt bis
       dato hauptsächlich durch Schweigen. CNPC habe ein eigenes
       Klassifizierungssystem für "sensible Informationen", zitiert ein Reporter
       von CBNweekly einen Angestellten des Unternehmens. "Sie dürfen ihre
       wichtigste Beziehung nicht riskieren - die zu den staatlichen Behörden",
       folgert das Magazin.
       
       Die Firma wird letztlich die komplette Verantwortung übernehmen, analysiert
       "New Weekly". Dafür brumme ihr die Regierung eine Strafe in Maßen auf und
       Bürgerklagen auf Schadensersatz werden nicht zugelassen. Das wird auch
       Chinas kritische Öffentlichkeit nicht verhindern können. Aber sie behalten
       ihre Regierung im Visier.
       
       3 Aug 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kristin Kupfer
       
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