# taz.de -- Neonazi-Aufmarsch in Bad Nenndorf: Schwarze Kleidung: unerwünscht
       
       > Rund 1.000 Neonazis wollen in Bad Nenndorf gegen die "Lüge der Befreiung"
       > aufmarschieren. Die Gegner kriegen "kaum einhaltbare" Auflagen. Zum
       > Beispiel, dass sie keine schwarze Kleidung tragen dürfen.
       
 (IMG) Bild: Ganz in schwarz.
       
       HAMBURG taz | Es ist erst wenige Tage her, da durfte die NPD unbehelligt
       von Gegnern [1][durchs vorpommersche Anklam] ziehen. Landkreis und
       Verwaltungsgericht hatten eine Gegenveranstaltung untersagt, weil sie
       Sitzblockaden als Gewalttätigkeit angesehen haben. Erst zwei Tage vor der
       Demo wurde sie wieder erlaubt. Zu spät.
       
       Und jetzt also Bad Nenndorf? Ein "Gedenkbündnis" rechter Kameradschaften
       plant für den 14. August einen "Trauermarsch" unter dem Motto "Für die
       Opfer alliierter Kriegs- und Nachkriegsverbrechen – Gegen die Lüge der
       Befreiung!" Und die Gegendemonstranten? Sie werden vom Landkreis Schaumburg
       mit Auflagen belastet, die nahezu identisch sind mit den Auflagen für die
       Neonazis und die "für uns kaum einzuhalten sind", so
       DGB-Regionalvorsitzender Sebastian Wertmüller vom Bündnis "Bad Nenndorf ist
       bunt".
       
       Die eine Auflage fordere, dass sich alle Ordner einer polizeilichen
       Sicherheitsüberprüfung unterziehen müssen, so Wertmüller. Eine weitere
       Auflage schreibe vor, das keine Personen schwarze Bekleidung von Mütze bis
       Hose tragen. Tun sie es doch, dürfen sie nicht nebeneinander laufen. "Wir
       sollen dem einzelnen sagen, du läufst nicht dort, sondern du läufst da. Das
       kann nicht funktionieren", sagt Wertmüller. Mit einer Klage will der DGB,
       der Teil des Bündnisses ist, beim Verwaltungsgericht Hannover die Auflagen
       senken und erreichen, dass Gegendemonstranten in Bezug auf Gefährlichkeit
       und Gewaltbereitschaft nicht mit den Rechten gleichgesetzt werden.
       
       Sigrid Bade, zweite Vorsitzende des Sportvereins VfL Bad Nenndorf ist
       ebenso verwundert. Die Jugendabteilung des Sportvereins wollte auf seinem
       Gelände an der Route der Neonazis sichtbar ein Fest feiern. Ihr Motto: "Bad
       Nenndorf bewegt sich. Sportler gegen Rassismus und Gewalt".
       Trillerpfeifen-Lärm oder gar "Nazis raus"- Rufe bleiben den Rechten aber
       erspart. Das Fest muss dank eines weiteren Auflagenbescheids auf dem
       rückwärtigen Geländeteil stattfinden.
       
       Die Neonazis marschieren inzwischen seit 2006 zum Wincklerbad in dem
       Kurort. Hier hatte die britische Armee von 1945 bis 1947 ein
       Internierungslager eingerichtet, in dem auch Mitglieder von NSDAP und
       Waffen-SS inhaftiert waren. In der Haft kam es zu Misshandlungen. Nachdem
       die Vorfälle bekannt wurden, schritten die britischen Behörden ein, die
       Verantwortlichen kamen vor Gericht.
       
       Der Apotheker Jürgen Übel bemüht sich seit dem ersten Marsch um
       Gegenaktionen. "Jetzt besteht endlich ein breites Bündnis und nun werden
       uns solche Knüppel zwischen die Bein geworfen", klagt er. Und das
       Gefährliche sei, so Übel, dass dieser "Trauermarsch" zu einem Ersatzmarsch
       für verbotene Märsche zu werden droht. Nach anhaltenden Protesten und
       gerichtlichen Entscheidungen können die Neonazis nicht mehr in Wunsiedel
       Adolf Hitlers Stellvertreter Rudolf Hess ehren oder in Gräfenberg der
       Wehrmacht huldigen.
       
       Dass es sich in Bad Nenndorf leicht aufmarschieren lässt und wenig
       Widerstand zu erwarten ist, hat sich auch in der rechten Szene
       umhergesprochen. Waren es 2008 noch 400 Neonazis, die gekommen sind, hatte
       sich die Zahl 2009 schon verdoppelt. Für diesen August rechnen die
       Sicherheitsbehörden mit 1.000 Teilnehmern aus den meist militanten
       Kameradschaften. Das "Gedenkbündnis" um Marcus Winter hat auch bei vielen
       Neonazi-Events bundesweit Werbung für Bad Nenndorf gemacht.
       
       Das Gegenbündnis hofft, dass trotz der Querelen und Auflagen 5.000
       Gegendemonstranten kommen. Die niedersächsischen Grünen unterstützen zudem
       einen Aufruf zu den geplanten Blockaden. "Der an den DGB ergangene Bescheid
       ist eine 14-seitige Zusammenstellung von Auflagen, mit der friedliche und
       couragierte Proteste gegen die Nazis massiv eingeschränkt werden“, erklärt
       der der rechtspolitische Sprecher der Grünen Landtagsfraktion Helge
       Limburg: "Das ist völlig überzogen." Die Proteste vor Ort seien stets bunt
       und friedlich gewesen. Die Warnungen vor angeblichen Gewalttätern, schürten
       unnötig Angst und Misstrauen.
       
       1 Jan 1970
       
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